VON HENNING LEESKE
Groß Heins – Die Seuche ist im Land, und die lokalen Schweinemäster haben schon jetzt massive wirtschaftliche Folgen durch das Vorkommen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Brandenburg. Als präventive Maßnahme intensiviert die Jägerschaft, wie schon in den vergangenen Jahren, die Jagd auf das Schwarzwild, weil die Wildschweine als natürliche Verbreiter der ASP gelten.
„Pro Jahr kann sich die ASP bis zu 40 Kilometer weiter ausbreiten“, sagt der Vorsitzende der Jägerschaft Verden, Jürgen Luttmann. Dabei kann das äußerst überlebensfähige Virus auch über ein achtlos weggeworfenes Wurstbrot verbreitet werden.
Die starke Bejagung des Schwarzwilds sei deswegen so wichtig, weil es sich immens vermehre. „Jährlich könnte das Schwarzwild eine Zuwachsrate von 300 Prozent haben, weil es derzeit geradezu optimale Lebensbedingungen vorfindet“, berichtet der Präsident der Landesjägerschaft und CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke.
Nicht zuletzt die ideale Ernährungssituation mit dem Hochenergiefutter Mais sorge dafür, das Nachkommen der Bachen schon mit sieben bis acht Monaten reproduktionsfähig würden. „Die Wildschweine werden schon vor ihrem ersten Geburtstag Mutter und durch den Klimawandel mit den milden Wintern kommen ihre Würfe sogar fast komplett durch die kalte Jahreszeit“, so Dammann-Tamke.
Der Elterntierschutz schiebe einen Riegel vor die Bejagung der Bachen mit Nachwuchs. „Ein Muttertier darf nicht geschossen werden“, sagt er. Durch den Druck der Bestandsregulierung sei es immerhin schon möglich, die Frischlinge zu bejagen, sobald sie ihre markanten hellen Streifen verloren haben.
Erfolgreicher sei die Jagd auf die erwachsenen, weiblichen Tiere, die als Wissensträger in der Rotte dienen. „80 bis 90 Prozent des Zuwachses müssen wir schießen. Sonst wächst der Bestand unglaublich an“, erklärt der Jägerschafts-Präsident.
Die Ergebnis der Erntejagd in Groß Heins ist Beleg für die Schwierigkeit der Jäger, ihren Auftrag zu erfüllen. „An den beiden Tagen mit jeweils zehn Stunden Erntejagd und sechs beteiligten Jägern haben wir kein einziges Wildschwein zur Strecke gebracht, nur einen Fuchs“, berichtet Luttmann. Natürlich stehe der Erfolg in keinem guten Verhältnis zum Aufwand, weil die Jäger teilweise sogar Urlaub für ihr Ehrenamt nehmen. Am gleichen Wochenende schmeckte dem Schwarzwild der Mais im Nachbarrevier Bleckwedel anscheinend besser. Direkt hinter der Kreisgrenze wurde eine kleine Rotte mit sechs Wildschweinen geschossen.
Dammann-Tamke fordert nun kommunalpolitische Unterstützung für revierübergreifende Drückjagden. „Es muss auch mal möglich sein, für eine große Drückjagd eine Kreisstraße für drei Stunden zu sperren. Es geht um die Sicherheit der Autofahrer und der lange ausgebildeten Jagdhunde bei der Nachsuche oder beim Treiben“, sagt er. Von den Kommunen erwarte er mehr Unterstützung, beispielsweise beim Erlassen der Hundesteuer für geprüfte Jagdhunde. „Die Haltung und Ausbildung der Hunde, die jetzt für die Gesellschaft im Einsatz für die Seuchenbekämpfung sind, kostet für die Hundehalter schon genug Geld“, so Dammann-Tamke. Die Ressourcen der Jagdhundehalter seien auch begrenzter als bei den klassischen Pächtern von Jagdrevieren.
Die Prämien für jedes mehr erlegte Wildschwein, bezogen auf die letzten drei Jagdjahre, lobte er hingegen ausdrücklich als Unterstützung aus der Landespolitik. Andere Bundesländer hätten diese Regelung nicht. Generell sei die Jagd sehr kostspielig, aber das ganze Land profitiere davon.
Außerdem seien die zentralen Abgabestellen der Landkreise für die Aufbrüche der Jäger nach dem Jagderfolg sehr wichtig, damit das Material fachgerecht entsorgt werde. Weiter erwähnte er die Novelle des Jagdgesetzes, die die Bejagung des Schwarzwildes mit Nachsichtoptik demnächst zulasse. „Niedersachsen muss weiter mit viel Besonnenheit und Prävention vorgehen, so lange sich die ASP nur auf natürlichem Wege verbreitet“, sprach Dammann-Tamke sich gegen Aktionismus aus.
Im Heinser Revier ist Anfang November eine große Drückjagd geplant.