Prädationsmanagement im Landkreis Verden

Seit dem Start des Verdener Hegefonds ist die Förderung der Raubsäugerbejagung ein Programmpunkt, den wir nach intensiver Diskussion mit der Unteren Naturschutzbehörde durchsetzen konnten, der zunächst aber nicht intensiv genutzt wurde. Erst als mit der Entwicklung von zuverlässig arbeitenden Fallenmeldern die Fallenjagd für die meisten Jäger ermöglicht wurde, haben wir im Jahr 2017 damit begonnen, ein tierschutzkonformes, effektives Prädationsmanagement im Landkreis Verden mit Priorität aufzubauen. Fundierte Erkenntnisse aus Großprojekten zum Prädationsmanagement und zum Einfluss von Raubsäugern auf den Bruterfolg von bodenbrütenden Wiesenvögeln zeigten immer deutlicher, wie wichtig die Reduktion des Beutegreiferdrucks ist, so dass auch an der Basis arbeitende Mitglieder anderer Naturschutzverbände dieses Vorgehen von uns befürworten. Zur Unterstützung des Vorstandes der Kreisjägerschaft wurde ein Obmann für Prädationsmanagement berufen. Bei der Zielsetzung war es sehr wichtig für uns, dass wir den Raubsäugerdruck nicht nur in den Naturschutzgebieten, sondern auch in der intensiv genutzten Feldflur des Landkreises Verden auf alle am Boden aufziehenden Arten deutlich reduzieren. In einem Gespräch mit unserem Landrat wurde deshalb folgendes Vorgehen festgelegt. Die Jägerschaft führt federführend, aber in enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde, ein intensives Prädationsmanagement auf ca. 5800 ha Naturschutzgebietsfläche (NSG-Zone) durch. Zu diesem Bereich kommen weitere ca. 11000 ha Fläche, die das Naturschutzgebiet direkt umgibt. Diese ca. 17000 ha werden, bezogen auf unser Prädationsmanagementprojekt, als das Projektkerngebiet im Landkreis Verden bezeichnet. Die Jägerschaft hat dafür Projektgelder in Höhe von ca. 135000 € beim NLWKN (Förderrichtlinie „Erhalt und Entwicklung von Lebensräumen und Arten (EELA)“) und bei der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung beantragt und genehmigt bekommen. Im Gegenzug dazu unterstützt der Landkreis Verden die tierschutzkonforme Fallenjagd auf Raubsäuger außerhalb dieses Projektkerngebietes mit 7500 € pro Jahr.

Durch gezielte Fachvorträge auf unseren Jahreshauptversammlungen und beim jährlichen Vortragsabend unserer Jägerschaft, haben wir unsere Mitglieder zum Mitmachen motiviert. In den drei Hegeringen, in denen sich die Projektkerngebiete befinden, hat der Vorstand die Revierverantwortlichen zu jeweils zwei Informations- und Diskussionsabenden eingeladen und darauf aufbauend die Projektrichtlinien festgelegt. Auf diese Weise ist es uns gelungen, in diesen Projektkerngebieten 31 von 32 betroffenen Revieren zum Mitmachen zu gewinnen.

Bei der Entwicklung des Projektes für das Projektkerngebiet haben wir auf die Erfahrung einiger Wiesenbrüterschutzprojekte mit Prädationsmanagement aufgebaut, wie z.B. im Bremer Blockland, dem LIFE-Projektgebiet am Dümmer oder im Landkreis Stade an der Unterelbe. Die Raubsäuger sollen im Projektgebiet mit Hilfe von Lebendfallen von den örtlichen Jägern gefangen werden. Da das gesamte Projekt von ehrenamtlich tätigen Mitgliedern unserer Jägerschaft durchgeführt wird, die bisher kaum Erfahrung mit der Fallenjagd haben, haben wir uns für die Installation einer robusten Betonrohrfalle vom Typ „Mester Hegerohr“ entschieden. Sie ist einfach aufzubauen, fängt zuverlässig tierschutzgerecht und lässt sich hervorragend in die Landschaft integrieren. Die Lebendfalle ist technisch so aufgerüstet, dass sie den Fang sofort an beliebig viele, einmalig festzulegende Jäger des Revieres meldet, sobald ein Tier gefangen wurde. Damit werden wir den Vorgaben des Tierschutzes gerecht und die ständigen Kontrollgänge in sensiblen Gebieten der Reviere können deutlich reduziert werden. Auf Empfehlung der Stader Projektleitung haben wir um die NSG-Zone (mindestens 1,25 Fallen pro 100 ha), eine etwa gleichgroße Zwischenzone (mindestens 0,75 Fallen pro 100 ha) und eine Erweiterungszone (mindestens 0,5 Fallen pro 100 ha) mit niedrigeren Fallendichten gelegt. Das ist natürlich nur die Grundausstattung. Wir gehen davon aus, dass die Revierverantwortlichen in den folgenden Jahren weitere Fallen aufbauen, sobald sie den Erfolg erkennen.

Die Zusatzzonen sollen die Raubsäugerzuwanderung in die NSG-Zone minimieren, wenn dort die Raubsäugerdichte, als Folge dieses Projektes, abnimmt.

Die Fallen in den Projektkerngebieten werden in den Jahren 2019 und 2020 von den örtlichen Jagdpächtern in Eigenleistung aufgebaut. Dabei werden sie in jedem Hegering von einem kompetenten Prädationsmanagementteam unterstützt, das zu diesem Zweck berufen und geschult wurde. Nach dem ordnungsgemäßen Aufbau gehen die Fallen in den Besitz der örtlichen Pächter über, die sich gleichzeitig verpflichten, dass sie die Fallen bis zum Auslaufen ihres Pachtvertrages, während der Jagdzeit der Prädatoren, waidgerecht betreiben. Nach dem Auslaufen des Pachtvertrages werden die Fallen dem Nachpächter zur Übernahme angeboten. Auf diese Weise werden wir eine nachhaltige Reduzierung des Raubsäugerdruckes in den Projektgebieten erreichen. Diese Maßnahme wird zwar allen am Boden aufziehenden Arten helfen, unter besonderer Beobachtung steht aber in den Projektkerngebieten die Entwicklung der wertbestimmenden Arten, Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe und Brachvogel, die in den letzten Jahren negativ verlaufen ist.

Die Auswirkungen des Prädationsmanagements auf die Entwicklung dieser Bodenbrüter im Naturschutzgebiet Fischerhuder Wümmeniederung werden weiter jährlich von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises überwacht.

Außerhalb der Projektkerngebiete fördern wir unversehrt fangende Lebendfallen verschiedener Typen einschließlich Fallenmelder mit 50% der Anschaffungskosten. Die Fallen und das Zubehör werden zentral von der Jägerschaft eingekauft und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten in der Reihenfolge der Antragseingänge an die Reviere ausgeliefert. Voraussetzung für eine Förderung ist die Teilnahme an der jährlichen Wildtiererfassung. Beim Projektstart hatten wir als finanzielle Unterstützung nur die 7500 €, die uns der Landkreis zur Verfügung stellt. Weitere Förderer tun sich mit der Unterstützung der Fallenjagd schwer. Sie fürchten immer noch das negative Image der Jagd auf Beutegreifer, das die Funktionäre anderer Naturschutzverbände in den letzten Jahrzehnten fälschlicherweise ins Bewusstsein der Bevölkerung geprägt haben. Deshalb konnten bis zur Fangsaison 2018/19 nur 39 Fallen/Fallenmelder von uns gefördert werden. Trotzdem hatten sie schon einen deutlich erkennbaren Einfluss auf die Strecke der Raubsäuger.

Bei der Aufteilung der Strecke fällt auf, wie hoch der Anteil der Ratten an der Gesamtstrecke ist. Durch eine gröbere Justierung des Fallenauslösers könnte das sicher verhindert werden.

Aber auch die Ratten sind als Prädator, gerade wenn es um die Nester der Bodenbrüter geht, nicht zu vernachlässigen. Diesen Bereich werden wir im Projektverlauf genau beobachten und kreativ lösen müssen.

Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass sich ein umfassendes Prädationsmanagement natürlich nicht nur auf Raubsäuger konzentrieren darf. Da uns die effektive Bejagung der Rabenkrähe mit dem Krähenfang aber weiter vorenthalten wird, bleibt uns dort nur die Lockjagd mit der Flinte. Im Landkreis Verden fördern wir das dafür notwendige Lockjagdmaterial mit 25% der Anschaffungskosten.

Im Jahr 2019 haben wir weitere 219 Fallen im Landkreis Verden aufgebaut, sodass in der Fangsaison 2019/20 258 Fallen in unserem Projekt im Einsatz waren. Etwa zweidrittel dieser Fallen wurden im Projektkerngebiet Fischerhuder Wümmeniederung, südliche Allerniederung und dem Lehrdetal eingesetzt.

Dieses Diagramm zeigt die Entwicklung der Prädatorenstrecke seit dem Beginn unseres Projektes im Jagdjahr 2017/18. Die Höhe der Balken zeigt die Entwicklung der Gesamtstrecke. 100% bedeutet die Gesamtstrecke des Jahres 2017/18. Für die meisten Arten hat sich die Strecke etwa verdoppelt.  Beim Waschbären vervierfacht und beim Hermelin sogar versieben-facht. Nur beim Fuchs und beim Steinmarder haben wir einen geringeren Anstieg, der aber immer noch ca. 50% in den vergangenen zwei Jahren beträgt.

An der unterschiedlichen Balkenfarbe erkennt man den Anteil der Strecke mit geförderten Fallen, die in diesem Chart grün gefärbt sind. Besonders hoch ist der Projekteinfluss beim Hermelin, beim Baummarder, beim Iltis und beim Waschbären. Auch beim Dachs und beim Steinmarder ist er noch signifikant. Dabei muss man bedenken, dass das der Einfluss von nur 258 Fallen auf die Gesamtstrecke unserer Raubsäuger ist.

Alle von uns geförderten Fallen, also sowohl die Fallen im Projektkerngebiet als auch außerhalb des Kerngebietes, sind mit Fallenmelder des Typs TRAPMASTER Professional ausgerüstet. Die Firma EPV Electronics GmbH, die diese Fallenmelder baut, wird bis zur Fangsaison 2019/20 ein Dokumentationssystem nach unseren Anforderungen entwickeln, das uns eine genaue Projektverfolgung für das gesamte Kreisgebiet ermöglicht und die Ergebnisse in Form von übersichtlichen Grafiken online zur Verfügung stellt. Nach einem Fang wird der Jäger aufgefordert, sowohl die gefangene Raubsäugerart als auch das Alter (jung/alt) sowie das Geschlecht (m/w) anzuklicken.

Alle erfassten Daten werden von der Firma EPV gespeichert und ausgewertet. Dieser Service aus einer Hand bringt uns die größte Datensicherheit und hat damit das Vertrauen unserer Mitglieder gewonnen. Von allen Revierverantwortlichen, die mit von uns geförderten Fallen fangen, haben wir eine schriftliche Erklärung, dass sie die Daten in das System einpflegen und wir auf diese Daten zugreifen können, um sie für das Projekt auswerten zu lassen.

 

Auf diese Weise hat jedes Revier Zugriff auf eine übersichtliche Auswertung für das eigene Revier und wir als Jägerschaft können uns Auswertungen für den gesamten Landkreis, für die einzelnen Hegeringe, für Projektgebiete oder auch nur für bestimmte Fallen in den Projektgebieten über das TRAPMASTER System erstellen lassen.

Ein großer Dank geht an dieser Stelle an den DJV, der uns bei der Argumentation für dieses Projekt grundlegend unterstützte. Genau rechtzeitig kam die Fellwechselinitiative unseres Dachverbandes. So entnehmen wir die Raubsäuger nicht nur aus Artenschutzgründen, sondern wir gewinnen auch ein nachhaltiges Produkt aus der Region. Die Jägerschaft Verden hat im Landkreis elf große Gefriertruhen (je 600 Liter) aufgestellt, damit die Bälge der erlegten Raubsäuger der „Fellwechsel GmbH“ zur weiteren Verwertung zur Verfügung gestellt werden können.