19.04.2022 VAZ: Die Natur kann den Raum nicht mehr bieten

Jägerschaft hängt revierübergreifend weitere 40 Nist- und Fledermaus-kästen auf

Der Nistkasten sitzt fest. Helmut Meyer, Frank-Peter Seemann und Mike Norden sind sich sicher, dass hier schon bald Leben einziehen wird. Foto: wennhold

Luttum/Weitzmühlen – Schlupflöcher für Meisen, Fledermäuse und Co. sind rar geworden. Es fehlt an Totholz, es fehlt an Natur, die sich ein Stück weit selbst überlassen bleibt. Die Landwirtschaft fordert ihr Recht, immer mehr Flächen fallen für Neubaugebiete weg, immer sorgfältiger wird in Gär­ten aufgeräumt.

Da muss nachgeholfen werden, und das tun engagierte Naturschützer, die sich Unterstützer suchen. In diesem Falle sind es zwei Jagdgenossenschaften, die an der Gemarkungsgrenze der beiden Ortschaften Luttum und Weitzmühlen am Rande des Gohbachs in diesen Tagen 40 Nist- und Fledermauskästen aufgehängt haben.

Anfang der Woche trafen sich Revierinhaber Helmut Meyer aus Luttum und Mike Norden aus Specken mit Frank-Peter Seemann als Mitglied der beiden Jagdgenossenschaften vor Ort. Mit dabei hatten sie Nistkästen, eine Leiter, Hammer und Nägel, die nicht rosten, dem Baumstamm nicht schaden und leicht wieder herausgezogen werden können. Aufgehängt werden die Kästen aus Holzbeton in Richtung nach Südosten und in drei bis fünf Metern Höhe.

Mücken, Rauhaut-, Teich-, Wasser- und Zwergfledermaus sowie weitere 14 heimische Fledermausarten in Niedersachsen sind vom Aussterben bedroht und daher besonders geschützt. Deshalb engagiert sich die Jägerschaft Verden unter Vorsitz von Jürgen Luttmann seit vielen Jahren für den Natur- und Artenschutz. Im Zuge des Nistkastenprojektes sind in den vergangenen Jah­ren in Luttum und Weitzmühlen über 100 Nist- und Fledermauskästen auf­gehängt worden sind. Mit Erfolg. Frank-Peter Seemann: „Die Nistkästen wer­den zu 99 Prozent angenommen. Es dauert nicht lange, und dann sieht man entsprechende Spuren.“ Zum Beweis führt er die Gruppe an einen Graben mit einer Baumreihe. Einen davon ziert ein erst kürzlich aufgehängter Fledermauskasten, der deutliche Kotspuren aufweist. Da zeichnet sich Arbeit ab, denn im nächsten Jahr müssen alle Nistkästen von den Überresten der Be­wohner befreit werden.

Kotspuren sind der Beweis. Hier ist eine Fledermaus eingezogen. Foto: wennhold

 

Die Nistkästen haben eine ausgeklügelte Konstruktion, Einfluglöcher sind ge­nau bemessen, bieten Sicherheit für die Bewohner, schützen vor Katze, Mar­der und Waschbär. Entsprechend hoch ist der Preis. Ein Nistkasten kostet um die 100 Euro. Dafür gibt es Zuschüsse von der Kreisjägerschaft und der Bingo-Umweltstiftung. Die Jagdpächter geben pro Nistkasten fünf Euro dazu.

Die Nistkästen dienen auch der Sumpf-, Tannen- und Haubenmeise sowie dem Kleiber als Wohnraum. Gartenrotschwanz, Halsband- und Trauer­schnäpper, Wendehals, Feld- und Haussperling können die Nistkästen mit der ovalen Öffnung auch nutzen. „Die Besonderheit dieser Großraumhöhlen ist die Ausstattung mit einer kleinen Trennwand im oberen Bereich und dem dadurch geschaffenen Rückzugswinkel für die verschiedenen Fledermausarten,“ erklärt Seemann. Denen fehlte es zwar nicht an Mücken oder anderen Insekten am Gohbach, aber häufig an natürlichen Unterschlupfmöglichkeiten, weil alte und knorrige Bäume nicht mehr da seien.

Während Vögel tagsüber auf Insektenjagd gehen, sind die dämmerungs- und nachtaktiven Fledermausarten bei der Insektenbekämpfung nicht wegzuden­ken. „Eine einzige Zwergfledermaus kann pro Nacht 1000 bis 2000 Mücken vertilgen, eine Wasserfledermaus erbeutet von April bis Oktober über 60000 Insekten. So werden sie für Menschen, Weide- und Wildtieren nicht zur Plage“, erklärt Helmut Meyer. wen