Von Jörn Dirk Zweibrock
Landkreis Verden. Was kommt zu Weihnachten auf den Tisch? Teure Gänse, günstigere Enten, oder alternativ vielleicht doch ein Stück Wildfleisch? Dass die heimischen Waidmänner wild auf Wild sind, ist ja bekannt, aber inzwischen entdecken auch immer mehr Hobbyköche aus dem Kreisgebiet die Vorzüge von Hirsch, Wildschwein und Reh. Auf Initiative der Kreisverdener Jägerschaft hat nun ein Bremer Startup die Waldfleisch-App entwickelt, die kostenlos in den Appstores heruntergeladen werden kann. Rund 5000 Jägerinnen und Jäger bieten bereits bundesweit ihre Produkte auf dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten digitalen Marktplatz an.
Jäger Hauke Schormair aus Otersen, seines Zeichens auch Vize der Jägerschaft des Landkreises Verden, ist einer von ihnen. Viele Menschen würden zwar gerne Wild essen, wüssten aber nicht genau, von welchem heimischen Jäger sie es beziehen könnten und ob es gerade saisonal verfügbar sei, weiß Schormair. Genau diese Wissenslücke schließe jetzt die neue App. Das Fleisch von ausländischen Wildfarmen unterscheide sich nicht nur durch die Form der Haltung und den Geschmack von heimischem Wildbret (Fleisch vom Wild), sondern weise natürlich auch wegen der langen Transportwege keinen so guten ökologischen Fußabdruck auf.
Für die gesunde Küche
„Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jagdverband (DJV) hat die Wald- fleisch-App auch direkten Zugriff auf die vielfältigen Wildrezepte von Wild auf Wild”, erläutert Schormair und empfiehlt als Festtagsbraten beispielsweise Wildschweinmedaillons mit Granatapfelsoße oder Rehmedaillons auf Rahmsteinpilzen. „Es ist ganz wichtig, das Fleisch nicht zu lange und zu heiß zu braten”, betont der Waidmann aus dem Allerdorf. Wildfleisch sei ausgesprochen nährstoffreich, kalorienarm und darüber hinaus auch noch gut bekömmlich.
Nachdem das Wildtier im Wald erlegt wurde, muss es „für den guten Geschmack abhängen“, wie es der stellvertretende Vorsitzende der Kreisjägerschaft formuliert. Sind Wildschwein, Reh und Hirsch zerlegt, wird das Fleisch schließlich eingefroren. „Vakuumiert ist es sehr lange haltbar”, sagt Schormair.
Als Pilotprojekt gestartet, ist die entsprechende App laut Geschäftsführer Frank Luttmann aus Bremen inzwischen zur mit Abstand größten digitalen Plattform für Wildfleisch-Direktvermarktung geworden. Wildfleisch erlebe gerade eine regelrechte Renaissance. „In Fragen der Nachhaltigkeit, der Klimaverträglichkeit und des Tierwohls trifft es voll den Zahn der Zeit“ erläutert Luttmann.
Auch heimische Gastronomen wie Jörg Rosenbrock aus Diensthop schwören auf Wildfleisch. Ganz wichtig sei dabei, dass es sich um ein junges Tier handele, also maximal zwei Jahre alt. „Das Alter kann nur der Jäger erkennen, deswegen ist es ratsam, Wild bei einem Waidmann zu kaufen, der einem persönlich bekannt ist.“ Dass sich Fleisch aus heimischen Wäldern gut für die gesunde, leichte Küche eigne, zeige auch, dass der Fettanteil des Schweines bis zu fünf Mal höherliege als der von Hase, Hirsch, Reh und Wildschwein.
Laut Deutschem Jagdverband erlegen Jäger jährlich insgesamt über zwei Millionen Rehe, Hirsche und Wildschweine. Rund 28.000 Tonnen Wildbret verspeisen die Deutschen im Jahr. Außerdem seien rund 84 Prozent von ihnen davon überzeugt, dass die Jagd notwendig sei, um Wildbestände zu regulieren sowie Wildschäden in Wald und Feld vorzubeugen.
Waidmannsheil ist zwar in der Jägersprache eine gängige Grußformel – doch in Anbetracht der Tatsache, dass, dem Deutschen Jagdverband zufolge, mittlerweile 28 Prozent der Teilnehmenden in den Jagdkursen Frauen sind, eben nicht mehr ganz zeitgemäß. Übrigens: Die Durchfallquote beim sogenannten „grünen Abitur“ (Jägerprüfung), bei dem auch Rechtsvorschriften wie das Jagd-, Tierschutz-, Naturschutz- und Landschaftspflegerecht auf dem Stundenplan stehen, liegt sage und schreibe bei rund 20 Prozent.
Nicht kostendeckend
Die Kunden bestellen in der werbefreien Waldfleisch-App also das angebotene Stück Fleisch und vereinbaren dann mit der Jägerin oder dem Jäger eine Übergabe, bei der die Ware dann auch bezahlt wird. Reich würden die heimischen Jäger mit dem Verkauf von Waldfleisch nicht, erklärt Schormair: „Die Kosten werden durch die Direktvermarktung nicht gedeckt.“
Eine weitere Auswahl an traditionellen Wildrezepten aus der Region findet sich auch auf der Internetpräsenz der Kreisjägerschaft unter www.jaegerschaft-verden.de.