Verden/Kreepen – Dass der ehemalige Leiter des Instituts für Bienenkunde Celle heute als Gast bei den Verdener Bienenfreunden spricht, ist kein Zufall.
Der Vorsitzende des jungen, erst im November 2021 gegründeten Vereins, Heinrich Kersten, arbeitet schon eine ganze Weile mit Prof. Dr. Werner von der Ohe zusammen. Das Engagement für die Imkerei und die Bienenkunde hat die beiden zusammengeführt. Und das hat sich herumgesprochen. Schon vor gut einem Jahr wurden die beiden als Tandem zu Vorträgen für eine Tagung ins Kloster Loccum eingeladen. Ihr Thema von damals klingt wie die Vorarbeit zu dem Fachvortrag, den von der Ohe heute bei den Bienenfreunden hält.
Als klar wurde, dass Landwirte und Imker aufeinander angewiesen sind und Artenschutz mehr als das Interesse von Umweltverbänden wurde, waren die Honigproduzenten über Nacht zu Umweltschützern geworden. Die Blühmischung aus Verden-Eissel, die „Verdener Imkermischung“, machte Furore. Und der Hegefonds der Jägerschaft, die sich auch für die Anlage von Blühstreifen als Bienenweide und Anflugstation für Insekten einsetzten, hatte seinen Anteil daran.
Mittlerweile stehen die Waidmänner und die Imker Seite an Seite mit Umweltverbänden, als sei es das selbstverständlichste von der Welt. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass zu einer Tagung unter der Überschrift „Landwirtschaft für Biodiversität” Bienenfachleute wie der Verdener Vorsitzende der Bienenfreunde Heinrich Kersten und von der Ohe zu Vorträgen eingeladen werden.
„Landwirtschaft profitiert von großer Artenvielfalt und intakten Ökosystemen“, heißt es da in der Einführung zu der dreitägigen Tagung im November 2021.
Andererseits habe die Bewirtschaftung eine Vielfalt an Nutztieren und Kulturpflanzen hervorgebracht. „Der jetzt extreme Rückgang der Biodiversität bedroht langfristig auch die Landwirtschaft. Was kann und will sie selbst zum Erhalt und zur Wiederherstellung der Biodiversität beitragen, ohne die Lebensmittelproduktion zu gefährden? Wie können Landwirtschaft, Naturschutz, Politik und Gesellschaft miteinander gute Lösungen finden?“ So fasst Tagungsleiterin Dr. habil. Monika C. M. Müller zusammen, was die Tagung mit den Teilnehmern erarbeiten wollte.
Prof. Dr. Werner von der Ohe hatte als Institutsleiter in Celle das Wissen über die Bienenhaltung und die angrenzenden Bereiche wie Umweltmonitoring, Pflanzenschutz sowie Landwirtschaft weiterentwickelt. So kommt er auch in seinem Vortrag vor den Tagungsteilnehmern in Loccum zu dem Ergebnis, dass Biodiversität notwendig ist und die Abnahme der Insektenbevölkerung bekämpft werden müsse. Die Lebensbedingungen der Insekten, der Wildbienenarten ebenso wie der Honigproduzenten in den Stöcken der Imker, müssten verbessert werden.
Die Agrarlandschaften und Anbausysteme der Zukunft müssten so weiterentwickelt werden, dass sie das Nahrungsangebot, Nistplätze und Leistungsfähigkeit von Bienen erhöhen. Die Vitalität der Völker benötige bessere Lebensbedingungen und die Bekämpfung von Schädlingen und -krankheiten sowie Risikominimierung beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
Dabei weist von der Ohe als Sprecher der Steuerungsgruppe des Fachforums . der Dafa, der Deutschen Agrarforschungsallianz, auf fatale Wechselwirkungen zwischen den landwirtschaftlichen Praktiken und Bienen sowie anderen Be-stäubern hin. Das Risiko müsse durch die Anpassung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln minimiert werden.
Der Institutsleiter hat selbst Langzeitstudien durchgeführt und seine Erkenntnisse bei der Beurteilung von Blühmischungen wie der „Verdener Imkermischung“ gewonnen. Das hat Heinrich Kersten einst mit von der Ohe in Kontakt gebracht. Der Wissenschaftler hatte selbst die Mischung ausgesät und die Wirkung auf Insekten beobachtet. „Der Vorteil war, dass Prof. von der Ohe, der unsere Blühstreifen im Landkreis Verden seit 2020 bonitiert, meine gesammelten Daten und Flächen kannte und diese wissenschaftlich untermauern konnte”, erläutert Kersten. In seinem Beitrag auf der Tagung ging er dann detaillierter auf die „Blühkonzepte im Landkreis Verden“ ein. Die hätten dafür gesorgt, dass die „Landwirte mit Imkern und Jägerschaft in einer Win-Win-Konstellation”
seien. „Ohne die finanzielle Unterstützung der Blühprojekte vom Landkreis Verden seit 2019 über die Hegefonds, die Jürgen Luttmann als Vorsitzender der Kreisjägerschaft initiiert hatte, wären diese vielfältigen Konzept-Realisierungen nicht möglich gewesen“, macht Kersten deutlich.
Die Saat-Zusammenstellung aus Eissel, die „Imkermischung Verden“, so konnte er berichten, lasse sich seit 2016 an einer sehr dynamischen Flächen-Entwicklung ablesen. Binnen drei Jahren habe sich die Größe verdoppelt. Bis 2019 sei die Anbaufläche auf mehr als 300 Hektar angewachsen.
Ein weiteres Ergebnis, das die Untersuchungen ergeben haben: Die Blühstreifen und die darauf verwendeten Mischungen funktionieren und wirken nachhaltig im Sinne der Imker. Im Verbund der Landwirte mit Einbindung der Landwirtschaftskammer, Landvolk, Jägerschaft, Lokalpolitik, Bieneninstitut Celle und Imkern ist es im Landkreis Verden gelungen, mehrere umsetzbare, nachhaltige Lösungen zu finden – und zu realisieren.
„Wenn Werner von der Ohe heute in der Jahreshauptversammlung des Vereins Verdener Bienenfreunde seinen Fachvortrag hält, wird er auf diesen Erkenntnissen aufbauen, die er als Institutsleiter und im Dialog mit den Imkern gewonnen hat“, berichtete Kersten im Vorfeld. Die Sitzung im Gasthaus Heitmann in Kreepen beginnt um 14 Uhr und ist öffentlich. Das Gastreferat hat von der Ohe mit dem Titel „Honig- und Wildbienen – deren Gefährdung und nachhaltige Gegenmaßnahmen” überschrieben. kle