VON MARKUS WIENKEN
Verden – Einmal ordentlich durchkraulen. Labradorhündin Ilke streckt wohlig die vier Pfoten von sich, lässt sich die Behandlung gerne gefallen. „Der Hund ist beliebt“, kommt es aus der Kinderschar. „Und der Waldlehrer auch“, tönt es aus einer Ecke. Mittendrin Martin Jonas. Er muss lachen. Klar, es freut ihn, die Kommunikation zwischen seinem Vierbeiner und den Kindern klappt, und er mittendrin. Fragen über Fragen, die da am Rande des Waldspielplatzes von den Kita-Kindern auf ihn einprasseln, zu allem, was da so im Wald kreucht und fleucht und vor allem piept. Jonas weiß auf alles eine Antwort, er ist zertifizierter Waldpädagoge, sogenannter zWP. Er liebt den Job.
Martin Jonas zeigt in den lichtdurchfluteten Stadtwald. Neben ihm sitzt seine Hündin Ilke vom Idsinger Forst, schaut ihr Herrchen treu an. Jonas strahlt eine besondere Ruhe aus, die Passion für den Wald, die Leidenschaft, er lebt sie täglich. „Atme. Lerne. Staune“, so sein Credo. Er will es nicht für sich behalten, will es weiter tragen, wollte sein Engagement allerdings auf sichere Beine stellen.
Also nochmals lernen. „Als ich von der Ausbildung, dem Beruf des Waldpädagogen erfuhr, war ich sofort Feuer und Flamme“, erzählt der 58-Jährige. Er nahm Kontakt zum zuständigen Waldpädagogikzentrum Ostheide auf, durchlief eine umfangreiche Ausbildung bei den Niedersächsischen Landesforsten, erfolgreich die Prüfung zum zWP und kann nun loslegen. „Wir sind insgesamt 14 Pädagogen im Team, jeder hat seine eigenen Schwerpunkte“, erzählt Jonas. Als langjähriger Jäger und Naturliebhaber weiß der gebürtige Bremer, wo seine Vorlieben liegen: „Ich werde mich insbesondere um die Themen Tiere des Waldes, Bäume, Jagdhunde und den Bereich Wald-Feuer-Klima kümmern“, erklärt er.
Die Ideen, die Menschen für den Wald zu begeistern, gehen Jonas so schnell nicht aus. „Gemeinsame Ausflüge, den Wald entdecken, die Natur mit Spiel und Spaß erkunden, eigene Erfahrungen sammeln, ob mit Kindern oder Erwachsenen, oder die Zusammenarbeit mit Schulen, alles ist vorstellbar“, so Jonas. Auch Workshops, Ferienaktionen, kurze Spaziergänge oder Projekttage sind denkbar.
Spaß soll es machen, aber durchaus mit einem Nachklang. Martin Jonas setzt sich auf eine Bank. Vom Wald lernen heißt auch, zur Ruhe kommen, die Stille genießen, seine Umgebung wahrnehmen. Ein Specht hämmert in der Ferne, dann lacht der Vogel. Ein Idyll, wo man hinschaut oder -hört. „Wir brauchen den Wald“, sagt Jonas, zeigt auf einen mächtigen Buchenstamm, glatte Rinde, einfach schön anzugucken und anzufassen. Aber nicht nur das macht den Baum aus: „Ein Hektar davon bindet allein bis zu zehn Tonnen Kohlendioxid“, erklärt der Pädagoge. „Immer wieder beeindruckend, das zu wissen.“ Er gibt es an die Menschen weiter, auch, dass das CO2, selbst wenn der Baum gefällt, zu Bank, Tisch oder Dachstuhl werden sollte, weiter gebunden bleibt. Wenn Jonas so redet, ist er mit Leib und Seele in seinem neuen Job, vermittelt Bildung für nachhaltige Entwicklung: „Die Menschen müssen so etwas wissen, um zu verstehen, wie wichtig der Wald ist“, betont er immer wieder.
Der Weg zum Waldpädagogen, er verlief für Martin Jonas nicht ganz gradlinig.
Im Wald, ganz besonders im Verdener Stadtwald, fühlt er sich, seit er denken kann, wie zu Hause. Sein Vater, sein Großvater, schon mit ihnen ist er hier gemeinsam auf die Pirsch gegangen, trat als Pächter in deren Fußstapfen, ist jetzt gemeinsam mit Tochter Hannah unterwegs. Hauptberuflich war Jonas Großhandelskaufmann, folgte auch da den Vorfahren, leitete etliche Jahre erfolgreich das gleichnamige Tabak-Unternehmen. Dann die Diagnose, eine Tumorerkrankung im Kopf. Zwei Jahre ist es her. „Ich musste nachdenken, mich nach Rücksprache mit Ärzten und Familie, besonders meiner Frau Gaby, neu aufstellen“, spricht Jonas ganz offen über das Thema. Der Eingriff verlief gut. Doch nach der Operation dann die Entscheidung, Verkauf des Unternehmens, andere, neue Prioritäten setzen. „Die Hände in den Schoß legen, das kam für mich nicht infrage“, so Jonas. Also nach Alternativen Ausschau halten. Richtig suchen musste er nicht. Einfach nur das machen, was er neben seinem Hauptberuf schon immer gerne getan hat, sich mit der Natur beschäftigen, so sein Gedanke. Nun allerdings mit dem Nebeneffekt, das Wissen darum den Menschen nahe zu bringen. „Da gibt es einiges nachzuholen“, weiß Jonas.
Der Waldpädagoge macht sich wieder auf den Weg. Labradorhündin Ilke guckt erwartungsvoll, ein letztes Kraulen für die Hündin, die Kinder des Waldkindergartens winken, der zWP winkt zurück, wohlwissend, er wird in den nächsten Tagen wieder vorbeischauen. Fragen an den Waldlehrer gibt es genug, die wollen, die müssen schließlich beantwortet werden. „Weil die Kinder davon etwas mitnehmen, sich später dann auch um den Wald kümmern“, spürt Jonas. Auch das ist Teil seiner Aufgabe, so der Pädagoge. Er freut sich darauf.
Info
Wer mit dem Waldpädagogen in Kontakt treten, Termine für Touren oder Veranstaltungen machen möchte, Martin Jonas ist unter Telefon 0171/4704895 zu erreichen oder unter und www.waldpaedagogik-jonas.de.