
Achim – Das Thema ist altbekannt und trotzdem wieder aktuell: In der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli gilt in Niedersachsen die Brut- und Setzzeit, und somit auch eine Leinenpflicht für Hunde. Es gibt jedoch immer wieder Tierbesitzer, die sich nicht daran halten – und das sorgt für Unmut.
Haltet Euch an die Leinenpflicht in der Brut- und Setzzeit (Anm.: 1.4 bis 15.7).
Kira Rippe beispielsweise, selbst Besitzerin zweier Hunde, hat kürzlich diesen Appell auf Facebook veröffentlicht: „Eine Bitte an alle Hundebesitzer: Haltet Euch an die Leinenpflicht in der momentanen Brut- und Setzzeit.“ In der Achimer Marsch oder im Gebiet Ueserdicken würden nach ihrer Einschätzung gut 80 Prozent der Hunde freilaufen. „Heute Morgen sind gerade zwei große Hunde wild tobend durch eine kniehohe Wiese gebrettert. Das ist einfach ein No-Go!“
Udo Faulstich, Obmann für Rehkitzrettung bei der Achimer Jägerschaft, kennt und bestätigt das Problem. „Meiner Ansicht nach ist das ein gesellschaftliches Problem.“ Konkret ausdrücken möchte er damit, dass generell wenig Rücksichtnahme untereinander herrsche. „Das Miteinander wird mit den Füßen getreten.“ Er nennt ein Beispiel: Autofahrer rasen durch die Natur, auf Wegen, auf denen sie das nicht dürfen. Hundebesitzer lassen ihre Hunde auf Kuhweiden rennen und kümmern sich nicht um den Kot. „Da kann ein ganzer Tierbestand vergiftet werden.“ Die Ignoranz bezüglich der Leinenpflicht passe insofern – leider – ins Bild.
Treffpunkt der kleinen Bestandsaufnahme ist diesmal das Gebiet Ueserdicken. „Es lassen sogar Leute ihren Hund vor dem Auto herlaufen und fahren so „gassi“ in der Marsch“, berichtet die Hundebesitzerin.
Auch in der Achimer Marsch begegnen ihr Hundebesitzer, die sich nicht so verhalten, wie sie sich das, vor allem eben in Anbetracht der aktuell herrschenden Leinenpflicht, wünscht. „Es treffen sich da oft fünf bis sechs Personen, alle mit großen Hunden, alle ohne Leine“, schildert sie.
Anderen Hundebesitzern, vor allen jenen, die den eigenen Hund angeleint haben, bleibe dann nur die Vermeidung, sprich, woanders spazieren zu gehen. Neben der Tatsache, dass es schwer zu akzeptieren ist, für das eigene, korrekte Verhalten „abgestraft“ zu werden, geht es ihr und auch ihrem Mann vor allem um den Wildtierschutz.
„Die gesetzliche Regelung hat ihren Sinn, außerdem hat es auch schlichtweg mit Respekt gegenüber der Natur und den Mitmenschen zu tun“, beschreibt sie ihren Wunsch, auch ihre Forderung. In der Theorie muss jeder, der gegen das Gesetz verstößt, mit einer Ordnungswidrigkeit und einem Bußgeld rechnen. In der Praxis wird das Fehlverhalten nicht geahndet.
Auch für die Jägerschaft ist vor allem der Aspekt der Brut- und Setzzeit ein wichtiger Punkt, auf den immer wieder hingewiesen werden muss. „Nach unseren Erfahrungen ist der Umgang damit sehr unterschiedlich“, berichtet Hegeringleiterin Antje Dahlweg. Manche Hunde- und auch Katzenbesitzer seien verständig, andere eben gar nicht. Gerade erst habe es in Ottersberg einen Fall gegeben, den man sich eben nicht wünscht. Ein schwer verletztes Rehkitz wurde gefunden, offensichtlich von einem Hund angegriffen. „Wir mussten das Tier erlösen.“ Nur durch Zufall war das Kitz gefunden worden, gemeldet worden war der Vorfall nicht, was Dahlweg kritisiert.
Die Jägerschaft habe in Sachen Leinpflicht gute Erfahrung mit einem Ansatz gemacht, der im ersten Moment ungewöhnlich ist. Statt diejenigen anzusprechen, die ihre Hunde frei laufen lassen, wenden sich manche Jäger, bewaffnet mit Hundeleckerlis an Hundebesitzer, die alles richtig machen: Also den Hund in der kritischen Jahreszeit an der Leine belassen. „Die Jäger schenken den Hundehalter ein Leckerli und bestärke sie ihn ihrem Verhalten.“
Über solche Momente werde gesprochen, durch Mund-zu-Mund-Propaganda käme man ins Gespräch mit den Anwohnern. Dahlweg glaubt nicht, dass man das Verhalten der Menschen durch Sanktionen und Strafen grundlegend ändern könne. Daher setzen sie und die Jägerschaft auf Aufklärung und eben positive Bestärkung.
Faulstich ist ebenfalls bereits bekannt für ein solches Vorgehen. Viele Hundebesitzer würden andere darauf hinweisen, dass man eine intakte und gute Gemeinschaft habe. Wer sich nicht an die Regelungen halte, solle doch gerne andere Flächen aufsuchen.
Sowohl er als auch andere Jäger seien durchaus in der Lage, im Bedarfsfall entsprechende Anzeigen zu schreiben. „Aber dann wird das Problem nur verlagert.“
Trotz allem Ärger gebe es „solche und solche“, viele würden sich auch an das Gesetz halten. Ein entsprechendes Bußgeld würde er durchaus begrüßen. Denn schließlich müsse man sowohl die ansässigen Anwohner als auch die Landwirte, beides Steuerzahler, vor der Ignoranz einiger Mitmenschen schützen.
JUDITH TAUSENDFREUND