Wildschaden im Wald vermeiden durch den richtigen Wildacker

Vortrag von Dr. Michael Petrak „Äsungsverbesserung im Wald – Schlüssel zur Wildschadenverhütung“

Dr. Michael Petrak gibt interessante Einblicke in die Faune des Wildackers

„Das deutsche Weidelgras ist sehr nahrhaft, aber es schmeckt den Kühen nicht. Wie macht es der Landwirt, dass sie es trotzdem fressen?“ Dr. Petrak schaut in die Runde. Es ist kurz vor 18.30 Uhr. 15 interessierte Weigesellinnen und -gesellen stehen auf einer Wiese hinter den Koppeln des Schleppjagdvereins. Die Jägerschaft des Landkreises Verden hat am 8. September zum Vortrag geladen. Der Wildbiologe und ehemalige Leiter der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung des Landes NRW Dr. Michael Petrak wird gleich zum Thema „Äsungsverbesserung im Wald – Schlüssel zur Wildschadenverhütung“ referieren. Vorher bietet er eine Kurzexkursion in den Verdener Stadtwald an. So stehen wir im hohen schon überwiegend tot-reifen Gras, und hängen an den Lippen des Referenten. „Sie müssen …“ „Das stimmt!“ greift Petrak den Einwurf auf. „Der Landwirt mäht die Wiese und bietet den Kühen nichts anderes an. Der Hunger treibt es rein.“

Der Biologe inspiziert die Wiesen-Flora und pflückt die Fruchtstände zweier Gräser. „Was haben wir hier?“ Lieschgras und Fuchsschwanz. „Beide wichtig. Letzterer wird gerne beäst und ersterer treibt noch spät im Sommer und sorgt so für Äsung, wenn anderes schon vergangen ist.“

Die Gruppe lauscht bei der Exkursion interessiert den Ausführungen von Dr. Petrak (3.vl)

Jetzt zieht der Unterbewuchs Petraks Aufmerksamkeit auf sich. Spitzwegerich, Schafgarbe, Gamander. Diese Kräuter sind wichtig für die Mineralien in der Äsung. In der intensiven Landwirtschaft werden essenzielle Nährstoffe zugefüttert. Auf den Weidelgras-Monokulturen fehlen sie.

Nach einer kurzweiligen Dreiviertelstunde findet sich die Gruppe wieder im Saal in Haag’s Niedersachsenhof ein. Dort wartet schon eine Schar weiterer Interessierter.
Stefan Schwarz, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der Jägerschaft, stellt Dr. Petrak kurz für alle noch einmal vor. Die beiden kennen sich schon lange. „Da war ich noch so klein, dass das heute keiner glaubt.“, schmunzelt der Zweimeterundeins-Mann in den Saal. Einige Anekdoten später, Petrak war reger Gast im Schwarzschen Berufsjägerhaushalt, beginnt er mit seinem eigentlichen Vortrag.

Im Niedersachsenhof geht es mit dem theoretischen Teil weiter

Einleitend fast er kurz seine wissenschaftliche Laufbahn und Arbeit zusammen. Dann geht es um das große Fressen. Unser Schalenwild hat ein an seinen Lebensraum angepasstes Äsungsverhalten. Pansengröße und Form der Wildwiederkäuer korrelieren mit den Äsungs- und Wiederkäuzyklen und mit der bevorzugten Nahrung. Rehwild ist wählerisch und benötigt als Selektierer eine artenreiche Äsung. Damwild als Intermediär-Typ kommt gut mit Gras zurecht. Fehlt das Rohfaserreiche Gras, was bei Wildackermischungen häufig der Fall ist, holt man sich die fehlenden Ballaststoffe im anliegenden Wald. Mit der richtigen Pflanzenmischung, „mindestens 20 Arten“, und der richtigen Ruhe lässt sich das Wild steuern und Schäden im Wald werden vermieden. „Die Jagd an den Äsungsflächen ist tabu.“, so Petrak. Dann beschreibt er, wie es nicht sein soll: „Wildacker, Salzlecke und Kirrung. Der Hauptwindrichtung folgend zwei Kanzeln. Auch wenn es nur den Sauen gilt. Das Damwild weiß nicht, dass es nicht gemeint ist, wenn es Funken reißt!“ Der Effekt: Die Verweildauer auf den Flächen wird auf ein Minimum reduziert. Nährstoffreiche Äsung wird bevorzugt und die Faserstoffe holt sich das Wild in Form von geschälter Rinde im Bestand.

Gefüllt mit viel Wissenswertem zu Wildbiologie und -verhalten, gespickt mit Erfahrungsberichten und Beispielen, war es ein sehr kurzweiliger und informativer Abend. Alles wiederzugeben ist eine Unmöglichkeit. Ihr ärgert Euch nicht dabei gewesen zu sein? Recht habt Ihr. Denn Ihr habt etwas verpasst.

Für Alle, die das Verpasste nachlesen wollen, empfiehlt sich „Lebensraum Jagdrevier – Erkennen, erhalten, artgerecht gestalten“ von Dr. Petrak. Ein Ratgeber für die nachhaltige Reviergestaltung für Wild und Artenvielfalt. Dort erfahren der geneigte Leser und die interessierte Leserin dann etwas über Honiggras, Rotschwingel und den Nierenfett-Index. Es lohnt sich also. Das Buch ist bei Kosmos erschienen.


Text: Lars Glander

Fotos: Jägerschaft Verden