Macht Bodenbrütern und Autofahrern zu schaffen: Der Fuchs hat sich in unseren Breiten deutlich vermehrt. Jäger sehen dies mit Sorge. (Patrick Pleul, dpa)
Landkreis Verden. Ein Autofahrer kollidiert mit einem Fuchs, reißt das Lenkrad herum, prallt gegen einen Baum und stirbt noch an der Unfallstelle. So geschehen Anfang August zwischen Kirchlinteln und Kohlenförde. Tödliche Wildunfälle mit Beutegreifern wie Reineke Fuchs sind im Landkreis Verden eher selten, könnten sich aber in Zukunft häufen, denn die Marderhund-Population ist in den vergangenen Jahren regelrecht in die Höhe geschnellt. Doch nicht nur das, Fuchs, Marder und Dachs machen auch den Bodenbrütern – Vögel, die ihre Nester am Boden ablegen – immer mehr zu schaffen. Um den Beutegreiferdruck auf die Bodenbrüter zu minimieren, will die Jägerschaft des Landkreises Verden nun ein sogenanntes Prädations-Management in der Fischerhuder Wümmeniederung, der Unteren Allerniederung sowie im Tal des Aller-Nebenflüsschens Lehrde betreiben. Dazu sollen Lebendfallen aufgestellt und die Felle von Fuchs, Marderhund, Marder, Waschbär, Wiesel und Dachs weiterverarbeitet werden.
Damit die Waidmänner aus dem Kreisgebiet das Projekt in den Naturschutzgebieten realisieren können, haben sie inzwischen einen Förderantrag beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN) und der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung gestellt. Sollte es dafür grünes Licht aus Hannover geben, ist außerdem geplant, das Projektgebiet auf weitere Bereiche des Landkreises Verden auszudehnen. Dafür will der Kreis nach Aussage von Jürgen Luttmann, Vorsitzender der Jägerschaft Verden, jährlich 7500 Euro zur Verfügung stellen.
Beutegreifer wie Nutria, Waschbär und Marderhund gehören zu den Neozoen, ursprünglich nicht heimische Tiere, die sich jedoch in den vergangenen Jahren in unseren Breiten etabliert haben. „Genauso wie der Fuchs patrouilliert auch der Marderhund in Straßennähe, um verunfalltes Wild zu erbeuten“, erklärt Jäger Jürgen Luttmann. Da sie kaum Schäden an Autos anrichten, tauchen die Wildtiere dementsprechend auch nicht in den entsprechenden Unfallstatistiken auf, stellen in waldreichen Gebieten aber dennoch eine Gefahr für den Straßenverkehr dar. Bei der Begegnung mit Reineke Fuchs – so heißt das Raubtier in der Fabel – rät der Waidmann deshalb ausdrücklich dazu: „Abbremsen und Spur halten. Auf keinen Fall ausweichen.“ Wahrscheinlich sei gerade das dem besagten Mann nach seinem Zusammenprall mit dem Fuchs zum Verhängnis geworden.
Nach der Eliminierung der Tollwut – Füchse wurden in den 1990er-Jahren dagegen geimpft – habe sich deren Population mehr als verdoppelt. Ganz zu schweigen von den Neozoen, deren Anzahl noch gewaltiger ansteige. Warum? „Weil sie sich hier in den Revieren ungehindert ausbreiten können, keine natürlichen Feinde haben“, weiß der Jäger. Die Nutria werde künftig zu einem Riesenproblem für die Wasserwirtschaft und den Deichbau, prognostiziert er. Weil die Großratte den Deich aushöhle, sei die Deichsicherheit in den Hochwassergebieten bald nicht mehr gewährleistet. Der von Osten zugewanderte Marderhund und der aus hessischen Landen zugewanderte Waschbär würden ebenfalls die Bodenbrüter-Population in beträchtlichem Maße dezimieren. Galt der Grimbart bereits lange Zeit als ausgerottet, habe sich auch die Dachs-Population inzwischen wieder relativ gut erholt, beruft sich Waidmann Jürgen Luttmann auf den Streckenbericht der Jägerschaft.
„Nicht nur die intensive Landwirtschaft, sondern auch die steigende Anzahl der Beutegreifer haben zu einem Rückgang der Bodenbrüter geführt“, betont der Chef der Waidmänner aus dem Landkreis. Neben den Beutegreifern und der Agrarwirtschaft müsse allerdings noch an einer dritten Stellschraube gedreht werden, spielt Gustav Schindler, Naturschutzbeauftragter im Landkreis Verden, auf die zunehmende touristische Nutzung von Wald-, Feld- und Wiesenwegen durch Naherholungssuchende an. Stichwort Besucherdruck. Der Mann vom Naturschutzbund spricht sich „unter bestimmten Voraussetzungen“ für ein von der Jägerschaft Verden gefordertes Beutegreifer-Management aus. In der Waidmannssprache nennt sich dies Prädations-Management, abgeleitet vom Wort Prädator für Beutegreifer. Bedeutet, Beutegreifer wie Fuchs, Marder, Grimbart und Co werden in Lebendfallen gefangen. „Wir wollen damit in diesem Jahr noch im Landkreis Verden beginnen“, erläutert Luttmann. Gemäß dem Projekt Fellwechsel des Deutschen Jagdverbandes sollen die Tiere dann nach gesetzlichen Vorgaben erlegt, die gegerbten und getrockneten Felle später verkauft werden. Kürschnerbetriebe und Modedesigner stellen anschließend Bekleidung und Accessoires daraus her. Vorteil: Felle aus Zuchtfarmen werden überflüssig.