Jäger und Landwirte Im Landkreis Verden sind besorgt. Die afrikanische Schweinepest (ASP) breitet sich schneller aus als erwartet und der Mensch sei dabei nicht ganz unschuldig.
Landkreis Verden. Die für Menschen ungefährliche, für Schweine jedoch in der Regel tödlich verlaufende afrikanische Schweinepest (ASP) ist in jüngster Zeit durch neue Fälle in Wildschweinbeständen noch näher an Deutschland herangerückt. Jäger und Landwirte im Landkreis sind besorgt. Wie lange wird es noch dauern bis der Virus sich auch hier ausbreitet?
„Das kann man nicht genau sagen. Es hat in den vergangenen Monaten große Sprünge gegeben. Es kann ganz schnell gehen oder auch noch einige Jahre dauern. Sicher ist, dass es uns auf jeden Fall treffen wird“, glaubt Kreislandwirt Jörn Ehlers. Auch wenn es bisher noch keine bekannten Fälle gegeben habe, prüfe das Land Niedersachsen derzeit eine Lockerung der Schonzeit für Schwarzwild. Dabei sollen die Wildschweinbestände durch eine intensivere Bejagung erheblich minimiert werden. „Geplant ist, dass der Anteil an Schwarzwild mit 50 Euro honoriert wird. Natürlich kann man sich darüber streiten, ob es sinnvoll ist. Allerdings wollen wir die Population so niedrig wie möglich halten“, erklärt Kreisjägermeister und Landwirt Hilmer Kruse.
Die Jagd werde momentan durch widrige Bedingungenerschwert. „Die Böden sind nass. Dadurch haben wir Befahrbarkeitsprobleme. Da noch so viel Holz in den Wäldem liegt, haben die Wildschweine gute Versteckmöglichkeiten. Für Jäger ist es sehr schwierig“, beklagt Kruse die Situation. Am vergangenen Wochenende habe es eine gemeinsame Jagd, um Kirchlinteln herum, mit der Jägerschaft des Landkreises gegeben. „Wir müssen nun noch eine Schippe darauflegen“, fordert der Kreisjägermeister. Nebenbei werde auch die Fallwildsuche intensiviert. Dabei sollen kranke oder tote Tiere noch stärker untersucht werden. „Dabei werden Blutproben entnommen, die im Veterinäramt auf ASP getestet werden“, berichtet Jörn Ehlers.
Man könne den Ausbruch mit der Jagd zwar nicht verhindern, aber den Schaden so gering wie möglich halten. Niedersachsen sei das Agrarland Nummer eins in Deutschland und wäre von einem ASP-Ausbruch besonders betroffen: Rund 8,5 Millionen Schweine sowie etwa 6000 in haltenden Betrieben sind im Bundesland zu finden. „Wenn es zu einem Ausbruch kommt, unterlägen wir einer Handelsbeschränkung. Der Preis für unsere Schweine würde sich enorm verschlechtern, und wenn eines gar befallen ist, müsse man alle töten“, sagt Landwirt Ehlers.
Der Mensch trägt eine Mitschuld
Vor allem der Mensch sei an der Verbreitung der ASP schuld. „Durch die weggeworfenen und kontaminierten Lebensmittelreste – hauptsächlich von Lkw-Fahrern ‑ werden die Wildschweine angelockt. Sie infizieren sich und dadurch verbreitet es sich rasend schnell“, weiß Kruse. Aufgrund der langen Haltbarkeit sei die Krankheit besonders tückisch: „Diese Krankheit ist so aggressiv, dass sie selbst bei toten Tieren für eine gewisse Zeit bestehen bleibt. Selbst eingefrorenes Fleisch kann noch kontaminiert sein. Da es keine Impfung gibt, kann man nicht viel dagegen tun“, muss Ehlers mit Bedauern feststellen.
Erste Maßnahmen, um auf das Problem hinzuweisen, habe es schon gegeben. „Damit die Menschen ihren Müll nicht unachtsam irgendwo hinwerfen, wurden an Raststätten Schilder und neue Mülleimer aufgebaut“,sagt Ehlers. An einer anderen Stelle werde dagegen gespart, was den Kreislandwirt große Sorgen bereitet: „An Bundesstraßen und in Industriegebieten wurden die Mülleimer entfernt. Ich hoffe, dass wir da mehr Hilfe von den Kommunen bekommen, damit diese wieder angebracht werden.“
Kurz vor ihrer ersten Teilnahme an einer Agrarministerkonferenz am Donnerstag in Berlin hat sich Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) zum Thema geäußert und noch einmal dringend zur höchsten Wachsamkeit im Kampf gegen einen drohenden Ausbruch der ASP aufgerufen: „Wir müssen alles tun, um ein solches Szenario zu verhindern. Kommunen, Länder und der Bund müssen gemeinsam mit Bauern, Unternehmen, Touristen, Jägern und Lkw-Fahrer an einem Strang ziehen. Nur so gibt es eine Chance im Kampf gegen diese Seuche.“