top agrar 7/2020: Im Frühjahr soll es blühen!

In einem niedersächsischen Pilotprojekt feilen Landwirte, Jäger und Imker an der idealen Blühmischung für Insekten und Wildtiere. Ihr Ziel: Ein möglichst langes Blütenangebot.

Eine Mischung, drei Standorte: Die Saatmischung „Verdener Frühjahrsblüte" steht im Mai 2020 in der Marsch sehr dicht (1), etwas lockerer auf der Geest (2) und noch spärlich auf Sand (3). Für Insekten und Niederwild ist auf jedem Standort etwas dabei. Fotos: Mund
Foto: Mund

Zu dritt stehen sie in der hüfthohen Blühmischung — mit einem 2 m-Coronaabstand. Die Pflanzen blü­hen beim Feldbesuch im Mai kräftig, besonders Inkarnatklee und Borretsch. „Ölrettich und Rübsen nähern sich schon dem Blühende“, sagt Heinrich Kersten. Der Imker aus Verden in Nie­dersachsen ist Initiator des Pilotprojekts „Verdener Frühjahrsblüte“. Zusammen mit Landwirten und Jägern feilt Kersten an einer überjährigen Blühmischung, die Insekten und Wildtieren ganzjährig Nahrung und Schutz bietet, vom Herbst bis in den Sommer. Ziel ist, dass das Land Niedersachsen das Blühprogramm offiziell anerkannt fördert.

Bisher wurde das Engagement der Landwirte aus dem Hegefondsbudget der Jägerschaft des Landkreises Verden gefördert. „Die Ansaat und Pflege kann nun mal nicht zum Nulltarif erfolgen“, erklärt Jürgen Luttmann, Vorsitzender der Jägerschaft. Er drückt die hochge­wachsenen Ölrettich- und Rübsenpflanzen auseinander, der Boden ist lückig. „Für Rebhuhn und Hasen ist das ideal, hier bleiben alle am Boden aufziehen­den Kleintierarten der Feldflur im Früh­jahr ungestört“, erklärt der Jäger.

Die Verdener Frühjahrsblüte wird im August gesät und steht bis September des Folgejahres auf dem Acker. „Schon im März/April waren die ersten Blüten zu sehen“, sagt Kersten. Insekten, vor allem Honigbienen, finden so ganzjäh­rig Nahrung — wegen des reduzierten Rapsanbaus ist dies wichtiger denn je.

Einer der drei beteiligten Landwirte ist Wilhelm Hogrefe. Am Rand von drei seiner Flächen auf der Geest hat er die Verdener Frühjahrsblüte letztes Jahr ausgestreut und angewalzt. Der Be­stand hat sich gut etabliert. „Die Blüten ergänzen den Saumbereich zum Wald hervorragend“, zeigt sich der Landwirt zufrieden. Er will die Blühstreifen sogar zwei Jahre stehen lassen.

Die Frühjahrsblüte der Saatmischung beginnt schon Anfang April mit den Winterrübsen. Ende Mai dominiert dann der Inkarnatklee. Foto: Dr. Friedrich
Köhler

BREIT EINSETZBAR

Seit die Mischung 2019 das erste Mal auf die Verdener Äcker kam, haben die Beteiligten die Saatgutzusammenstel­lung stetig angepasst. „Wir wollten erst einmal anfangen. Optimieren können wir immer noch“, fasst Imker Kersten zusammen. Wichtig war ihm, dass von März/April bis September jeden Monat mindestens zwei Arten blühen. So ist stetig Nahrung vorhanden.

Der Anbau ist auf jedem Boden mög­lich: Von der Marsch bis zur Geest, selbst auf einem 28er-Sandboden wach­sen die Pflanzen. Allerdings sind einige der Arten nur bedingt winterhart. „Sie eignen sich für die nordwestdeutsche Tiefebene, aber nicht für Regionen mit stärkeren Frösten und für Höhenla­gen“, bemerkt Landwirt Hogrefe.

WIE STEHT’S UM DIE FÖRDERUNG?

Inzwischen hat sich die Untere Natur­schutzbehörde des Landkreises Verden bereit erklärt, das Blühstreifenprogramm des Hegefonds zu fördern. Für die diesjährige Aussaat haben Land­wirte, Jäger und Imker Kersten das Saatgut erneut angepasst. Die opti­mierte Basismischung 2020 besteht aus 25 % Winterrübsen, 15 % Winterraps (Futterrapssaatgut), 10 % Inkarnatklee, 10 % Phazelie, 20 % Winterwicken, 10 % Ölrettich, 4 % Rotklee, 3 % Esparsette und 3 % Leinsaat. Zudem ist eine 18-teilige Kräuter-Zusatzmischung erhältlich. Je 10 kg Basismischung wer­den 300 g Kräutersaatgut regionaler Herkunft beigemischt — zum Gesamt­preis von 90 €/ha.

Das Landwirtschaftsministerium in Niedersachsen hat das Bieneninstitut in Celle beauftragt, die Mischung zu beur­teilen. Der Leiter, Prof. Dr. Werner von der Ohe, hat bereits vier Flächen an zwei Terminen bonitiert. Seine Einschät­zung: Die Verdener Frühjahrsblüte ist wegen des extrem langen Blühzeitrau­mes sowie der Lage der Flächen (z.B. an Waldrändern) ein überzeugendes Kon­zept. Er empfiehlt die optimierte „Basis­mischung 2020″ und findet auch die Zusatzmischung absolut geeignet. „Alle Pflanzen sind interessant für Honig­bienen, andere Bienenarten und Insek­ten“, so von der Ohe.

SAATGUT ERHÄLTLICH

Für die Aussaat der Verdener Früh­jahrsblüte im Landkreis Verden emp­fehlen die Initiatoren je nach Ausbringtechnik (exakte Drillsaat oder pneuma­tische Saat nach Grubber) 8 bis 10 kg Saatgut der „Basismischung 2020″ pro ha. Eine niedrigere Saatstärke hat eine zu starke Verunkrautung zur Folge.

Saatgut bekommen interessierte Landwirte ab Ende Juli bei Meyers Futterscheune, Ludwigslust 8, 27308 Kirchlinteln. Bestellen Sie per E-Mail bei

Fragen zum Projekt und der Blühmi­schung beantwortet Imker Heinrich Kersten: