19.07.2020 Weser-Kurier: Corona: Waidmänner äußern Zuversicht

Die Jagd in Zeiten der Corona-Pandemie

Die Jägerinnen und Jäger im Verdener Kreisgebiet und der Nachbarschaft hoffen nach der Durststrecke während der Corona-Pandemie auf eine Normalisierung der Lage im Herbst, wenn die Jagd wieder Fahrt aufnimmt.

 Wenn die Jagd im Herbst wieder ins Rollen kommt, dann hoffen die Jägerinnen und Jäger aus den hiesigen Jagdrevieren auf eine Normalisierung der Lage. 
Über Wochen hatten Restaurants und Gaststätten coronabedingt geschlossen. Und auch jetzt können sie längst nicht so viele Gäste bewirten, wie noch vor Beginn der Pandemie. Nicht nur für die Wirte, auch für ihre Zulieferer wie Jäger und Wildhändler kann das zum Problem werden. So wird aus Bundesländern wie beispielsweise Mecklenburg-Vorpommern berichtet, dass die Jäger ihr Wildbret nicht mehr verkauft bekämen. Ihre Kühltruhen seien gefüllt und sie wüssten nicht, wie sie unter diesen Umständen weiter ihrer Aufgabe, den Wildbestand zu regulieren, nachkommen sollen.

Zu ähnlichen Analysen in ihren Jagdrevieren kommen derweil die Kreisjägermeister und Jäger in den Landkreisen Verden und Osterholz. „Meine Truhe ist ebenfalls bis oben hin voll“, bestätigt etwa Heiko Ehing. Aber zum Glück sei nun gerade die Zeit, wo nicht so viel gejagt werde, relativiert der Osterholzer Kreisjägermeister. Im Augenblick dürften sie ohnehin nur auf Rehböcke und auf Wildschweine schießen. Der Verdener Kreisjägermeister Hilmer Kruse sieht ebenfalls keinen Grund für Panikmache. „Der Absatz an privat läuft im Vergleich zum Vorjahreszeitraum unverändert, teilweise sogar besser. Hier spielt zunehmend eine Rolle, dass die Verbraucher Wild und Wildbratwurst auch als tolle Alternative zum Grillen entdecken“, weiß das kreisverdener Waidmann-Oberhaupt aus vielen Gesprächen mit seinen Jägerkollegen und eigenen Erfahrungen zu berichten.

Sorgen bereite jedoch der Absatz in der Gastronomie, der wegen der Corona-Pandemie im Lockdown zwischenzeitlich praktisch zum Erliegen gekommen sei, jetzt aber langsam wieder zunehme. „Die gezahlten Preise vom gewerblichen Wildhandel sind zwar nicht auskömmlich, aber auch hier sollte mit einer Normalisierung unserer gesamten Lebensumstände eine Besserung eintreten“, erklärt Hilmer Kruse, der das Amt des Kreisjägermeisters im Landkreis Verden bereits seit rund 25 Jahren ausübt und daher über einen großen Erfahrungsschatz verfügt. Die Einschränkungen des Alltags im Frühjahr fielen laut Kruse in eine Zeit, in der viele Wildarten Schonzeit hatten. Dadurch sei eine Wildbretschwemme bis jetzt ausgeblieben. „Aktuell werden mit Beginn der Erntezeit vermehrt Rehböcke und Schwarzwild erlegt, die nach dem Dreschen der ersten Felder wieder sichtbar werden“, berichtet Kruse, der wie seine Kolleginnen und Kollegen auf eine Normalisierung der Lage bis zum Herbst hofft. Denn: In Richtung Herbst und Winter haben dann zunehmend alle Wildarten Jagdzeit und die Verbraucher können sich vom Wildbraten über Hase, Fasan, Ente bis zum ganzen Reh, Damhirsch oder Wildschwein eindecken. „Ich hoffe, dass es bis Herbst wieder Abnehmer geben wird“, sagt auch Heiko Ehing mit Blick auf die Gastronomie. Denn ohne Abnehmer werde der Wildhändler das Wildbret auch nicht weiterverkaufen können. Und das könne wiederum dazu führen, dass er den Jägern ihre geschossenen Tiere nicht mehr oder nur zu sehr niedrigen Preisen abnehmen würde.

Was die eigene Truhe betrifft, so ist Ehing zuversichtlich, sie bis zum Beginn der großen Jagden geleert zu haben. Er berichtet von privaten Abnehmern, die sogar Bestellungen aufgäben. An solche Privatleute gibt Kurt Felder gar den Großteil seines Wildbrets ab. In den 17 Jahren, die er sein Jagdrevier zwischen Bargten und der Langen Heide in Scharmbeck hat, habe er sich ein Netzwerk aus Kunden aufgebaut – mit vielen privaten Abnehmern. Sie wüssten, dass sie bei ihm gute Qualität bekämen. Heißt: Das Fleisch eines einjährigen Bocks sei einfach zarter als das eines siebenjährigen Tieres. Und noch etwas helfe ihm beim Vermarkten: „Ich bin bei uns der Koch; ich kann immer Tipps geben, wie das Fleisch am besten zubereitet wird.“ Seine eigenen Truhen seien derzeit allerdings leer. Denn: „Wir sind komplette Selbstversorger.“

Wer noch keine Bezugsquelle hat, dem empfiehlt Kreisjägermeister Hilmer Kruse die Internetseite der Kreisjägerschaft Verden. Unter https://jaegerschaft-verden.de/service/wildfleischvermittlung/ sind sowohl Adressen von regionalen Anbietern als auch passende Wildrezepte für finden. „Durch den Genuss dieses gesunden regionalen Lebensmittels können wir gemeinsam eine Wildbretschwemme vermeiden“, erklärt Kruse.