13.02.2021 VAZ: Mais und Weizen für das Federwild

Rehe kommen noch klar / Kreisjägermeister: „Keine Notzeit"

Der Platz für die Fütterung des Federwildes ist von Ralf Radeke und Heinrich Stradtmann mit Bedacht ausgewählt worden. Das Futter muss trocken bleiben, außerdem dürfen Greifvögel kein zu leichtes Spiel haben. Foto: ha

Wulmstorf/Blender – Nur wenn Fasan, Rebhuhn und andere Feldvögel gut über den Winter kommen, haben sie im Frühjahr die notwendigen Kraftreserven, um für ausreichend Nachwuchs zu sorgen.

Gerade bei den jetzigen Schneemengen und Minustemperaturen – in der Region in den letzten Jahren eher eine Seltenheit – ist ein kluges Futtermanagement von großer Bedeutung. Oft fällt dann der Begriff „Notzeit“. „Für die Mitglieder des Hegerings Wesermarsch ist das ein schwer de­finierbarer Begriff, der meist stark vermenschlicht ist“, weiß Hegeringleiter Ralf Radeke. „Saisonale Nahrungsengpässe und strenge Winter sind nichts Unnatürliches und Wildtiere sind seit Jahrtausenden daran angepasst. Eine Notzeit für das hiesige Wild kann sowieso nur der Kreisjägermeister nach Paragraf 6 des niedersächsischen Jagdgesetzes ausrufen“, erzählt er.

Der Bahlumer Hilmer Kruse ist seit knapp drei Jahrzehnten Kreisjäger­meister und kann sich in seiner Amtszeit nur an ein Jahr erinnern, in dem er den Notstand für Wildtiere ausrufen musste.

„Wir werden in diesen Tagen die Lage intensiv beobachten“, sagt Kruse. „Wir sind im ständigen Austausch mit den einzelnen Hegerin­gen im Landkreis Verden und müssen die Lage auch je nach Revier un­terschiedlich bewerten.“ Schlimm könnte es laut Auskunft von Kruse werden, wenn tagsüber durch starke Sonneneinstrahlung Plusgrade herrschen, der Schnee antaut, und nachts bei strengem Frost wieder gefriert. „Die Verletzungsgefahr bei verharschter Schneedecke ist für die Tiere riesengroß.“

Aber Ralf Radeke, wie auch sein Jagdkollege Heinrich Stradtmann, rechnen derzeit nicht damit, dass sie Futterstellen für Rehwild in der Wesermarsch einrichten müssen. „Die Schneeverwehungen sind hier und da zwar ganz schön hoch, sie haben aber auch andernorts dazu geführt, dass es sehr viele kahle Stellen in der Natur gibt, wo dann das Wild relativ leicht an Futter kommt“, hat Radeke bei seinen täglichen Reviergängen beobachtet.

Für das Federwild sieht es allerdings ein bisschen anders aus. In Nie­dersachsen darf das Federwild vom 1. Januar bis zum 30. April laut Ge­setz gefüttert werden. Hier bedarf es allerdings eines geplanten und ausgeklügelten Futtermanagements. Revierpächter Heinrich Stradtmann aus Intschede zeigt auf die vielen Maiskolben, die in kleinen Sä­cken unter dem Dach seines Carports zum Trocknen hängen. „Das ist schon Futter für den nächsten Winter“, hat der Waidgeselle vorgesorgt.

Ordentlich vorgesorgt hat Waidgeselle Heinrich Stradtmann. Etliche Maiskolben, auch schon für den nächsten Winter, warten auf ihre Bestimmung als Wildfutter. Foto: ha

Obwohl erst ab dem 1. Januar gefüttert werden darf, werden schon im späten Herbst spezielle Futterstellen eingerichtet. „Dann wissen die Tiere ziemlich schnell, wo sie an Nahrung kommen können“, hat Stradtmann beobachtet und zeigt auf eine Futterstelle im Intscheder Revier, an der man viele Spuren von heimischen Tieren beobachten kann, die sich jetzt während der Schnee liegt dort etwas zu fressen holen. Die direkte Bearbeitung der Stoppelfelder im Sommer nimmt dem Fe­derwild einiges an Ausfallgetreide und Wildkräutersamen, wissen Radeke und Stradtmann. Die auf den Stoppelfeldern angepflanzten Zwischenfruchtfelder bieten dann zwar reichlich Deckung für Rehe oder Hasen und genügend Futter – aber eben nicht für das Federwild.

Deshalb wird mit dem Futtermanagement schon früh begonnen. Da­für bedarf es einer formlosen Ausnahmegenehmigung bei der Unte­ren Jagdbehörde. Die Futterstellen werden so eingerichtet, dass Reb­hühner und Fasane schnell deckungsnah ausreichend energiereiche Nahrung aufnehmen können. „Sie laufen bei gut eingerichteten Futter­stellen auch weniger Gefahr, den Greifvögeln zum Opfer zu fallen.“

Die Futterstelle ist eigentlich ganz simpel aufgebaut. Ein ausgedienter Plastikeimer mit einem Futterrohr und Löchern, an dem die „Leckereien“ entnommen werden können. Diese Konstruktion wird in entsprechender Höhe aufgehängt, sodass Schädlinge wie Ratten es nicht erreichen können. Im Eimer befinden sich neben dem Mais noch zur Hälfte Weizenkörner.

Der „Futterapparat“ enthält Mais- und Weizenkörner. Foto: ha

„Wenn die Tiere den Dreh erst einmal raus haben, nehmen sie das Futter gerne an“, hat Stradtmann an einige Stellen in seinem Revier schon den Futtereimer nachfüllen müssen. Bei Rebhühnern ist die Fütterung noch ein bisschen schwieriger. Sie kommen nicht zu den Futterstellen, die Fütterung muss dahin, wo der Jäger im Frühjahr Rebhuhnpaare in der freien Natur gesehen hat.

Zu Hause auf der Terrasse kann natürlich jeder Gartenbesitzer jetzt die Singvögel füttern. Ralf Radeke: „Eine offene Wasserstelle unter­stützt die Fütterung der Vögel noch.“ Er empfiehlt das handelsübliche Vogelfutter.

Einen Wunsch äußern die beiden Jäger Stradtmann und Radeke trotz­dem noch: „Das schöne Winterwetter lädt natürlich zu ausgiebigen Spaziergängen ein. Das sei jedem gegönnt, aber bitte auf den vorge­schriebenen Wegen und Straßen bleiben – und nicht, weil es gefroren ist, querfeldein laufen.“

Der erfahrene Waidmann fügt hinzu, dass die Tiere zu dieser Zeit ih­ren Stoffwechsel ziemlich herunterfahren. „Jede Flucht, auch vor Menschen, ist für die Wildtiere kräftezehrend und greift ihre Energie­reserven an.“ ha