Klein Heins – Viel Kritik von lokalen Naturschutzverbänden ernteten die beiden hiesigen Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeldt (CDU) und Gero Hocker (FDP) weil sie das Insektenschutzgesetz aus dem Umweltministerium unter der Führung der Bundesministerin Svenja Schulze (SPD) ablehnen. Anlässlich der Einladung des Vorsitzenden der Kreisjägerschaft, Jürgen Luttmann, zur Besichtigung eines Beispiels der Blühflächeninitiative „Verdener Frühjahrsblüte“ (wir berichteten) in Klein Heins nutzten die beiden Politiker nun die Gelegenheit, Stellung zu diesem Thema zu nehmen. Dabei ließen sie über die Parteigrenzen hinweg kein gutes Haar an ihren Kritikern vom örtlichen Naturschutzbund (Nabu).
„Wir wollen alle etwas für die Natur tun“, warb Luttmann für die zweijährige Frühblühermischung. Der Nutzen für das Niederwild und Co sei bei diesem Blühstreifen besonders groß, weil im Frühjahr kein Umbrechen des Feldes mehr nötig ist, und somit eine sehr gute Deckung für Bodenbrüter und anderes Wild frühzeitig vorhanden sei. „Als Ergänzung zu Feldgehölzen und Hecken aus heimischen Sträuchern brauchen wir in unserer Feldflur Arten- und Naturschutzmaßnahmen, die in den landwirtschaftlichen Produktionsprozess integriert werden“, erläuterte Luttmann. So werde die Artenvielfalt und die regionale Erzeugung von hochwertigen Lebensmitteln gesichert.
„Ich bin der Hoffnung, dass wir das hinbekommen. Die Landwirte brauchen doch Insekten“, sagte Mattfeldt. Zuvor hatte Kreislandwirt Jörn Ehlers gefordert, Projekte wie in Heins sollten Teil der EU-Förderungen (GAP) für die Landwirtschaft werden. Ehlers: „Alles eine tolle Maßnahme, die Naturschutz und Landwirtschaft gut verbindet, weil die zweijährige Nutzung als Blühstreifen in dieser Form einen großen Nutzen für das Niederwild bringt.“ Trotzdem müsse der landwirtschaftliche Betrieb die Flächen nicht gleich fünf Jahre aus der Nutzung nehmen, sondern eben einen kürzeren Zeitraum, währenddessen der Boden sich erholen könne. Derzeit bezuschusst der Landkreis Verden über den Hegefonds der Jägerschaft jeden Hektar mit dieser Blühmischung mit 600 Euro. „Das anschließende Monitoring ist dabei ganz wichtig. Hier sollte der Landkreis auch mitfinanzieren“, so Ehlers weiter. Die Blühstreifenmaßnahmen seien wissenschaftlich zu begleiten, festzustellen sei, wodurch überhaupt eine Zunahme der Insekten-Population entstehe.
Für Hocker war die wissenschaftliche Ausarbeitung des Insektenschutzgesetzes ein Hauptkritikpunkt, weshalb er seine Zustimmung versagte. „Die Ministerin Schulze war nicht in der Lage, eine wissenschaftlich verifizierte Aussage zu treffen, wie das Gesetz überhaupt den Insektenschutz qualitativ verbessern soll“, schilderte er die Antwort auf eine Anfrage seiner Fraktion. Hocker ist übrigens der landwirtschaftspolitische Sprecher der Freien Demokraten im Bundestag. Den nun trotz des kalten Frühjahrs schon blühenden Rübsen in Heins nannte er eine ideale Beutepflanze für Bienen, weshalb die Frühblüher auch für Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ein ganz wichtiges Thema sein müssten. Das Insektenschutzgesetz sei hingegen reine Klientelpolitik für Naturschutzverbände zum Sammeln von Spendengeldern gewesen. Er verfolge lieber den Ansatz, dass der Konsument endlich den angemessenen Preis für die hier produzierten Lebensmittel bezahlen soll, wodurch auch Naturschutz finanziert werden könne. „Der Kostendruck für die Landwirtschaft in Deutschland wird immer größer. Die Daumenschrauben immer mehr anzuziehen, geht nicht, weil das zum Abwandern der Produktion ins Ausland führt“, kritisierte Hocker weitere Regulierungen der Landwirtschaft durch die Bundesregierung.
Mattfeldt warb für die Unterstützung von lokalen Kooperationen wie im Landkreis Verden, statt mit ordnungspolitischen Beschlüssen aus der Ferne gewachsenes Vertrauen zu gefährden. „Es darf nicht passieren, dass Naturschutz nicht mehr machbar wird. Da sind wir pragmatisch“, so Mattfeldt. Gleichzeitig nannte er das Insektenschutzgesetz kontraproduktiv hinsichtlich des mühsam ausgehandelten Niedersächsischen Weges. Mit diesem Weg könnten viel mehr Flächen mit Blühstreifen versehen werden, als über einen Zwang. „Die Reflexhaltung, die Bauern sind die Bösen, sollte die Gesellschaft längst überwunden haben“, sagte Mattfeldt. Der Bund solle sich, so Mattfeldt, nicht aus der Verantwortung stehlen, wenn es um die Finanzierung von Naturschutz gehe. „Der Einzelplan für die Landwirtschaft ist schon enorm. Aber auch in Brüssel sollten wir selbstbewusster auftreten, wie zum Beispiel die Franzosen, wenn es um die Verteilung der Gelder geht. Schließlich zahlen wir am meisten ein“, wurde der Haushälter deutlich.
Einig waren sich alle, dass für den Insektenschutz mehr Geld ausgegeben werden sollte, aber die Qualität der Maßnahmen und die gesellschaftliche Akzeptanz gewährleistet sein solle. lee