Odeweg/Schafwinkel – Eine Mahd bedeutet leider für viele Rehkitze den Tod. Was hiesige Landwirte und Jäger gemeinsam unternehmen, um das Leben der kleinen Geschöpfe zu retten, und welche Rolle Drohnen dabei spielen, berichtet Dr. Dieter Hasselhoff für die Jägerschaft Verden in einer Pressemitteilung.
Die feuchtwarme Witterung der vergangenen Tage hat die Natur auf den Mahdflächen rasch vorangebracht. Und somit wird in diesen Tagen überall auf dem Lande das Gras für unterschiedliche Zwecke gemäht. Jetzt ist aber auch die Zeit, in der die Ricken, das weibliche Rehwild, ihre Kitze setzen. Dem angeborenen Instinkt folgend legen die Ricken ihre Kitze meistens im hohen Gras ab. Die Ricken kommen nur in größeren Zeitabständen vorbei, um keine Duftspur zum Nachwuchs zu legen und um nicht durch eine zu häufige Nähe zum Kitz Beutegreifer wie den Fuchs auf eine mögliche Beute aufmerksam zu machen.
Dieses angeborene Verhalten führt fatalerweise aber auch dazu, dass die tief im Gras liegenden Kitze beim Nahen der Grasmähmaschinen sich noch tiefer ducken und nicht wie viele andere Tiere die Flucht ergreifen. „In der Zeit als auch noch größere Flächen mit der Sense gemäht wurden, hatte der Mähende noch die Chance, das sich tief im Gras duckende Rehkitz zu entdecken und den Tod zu verhindern. Bei der heutigen Technik mit immer größer werdenden Kreiselmähern ist es nahezu unmöglich, die Kitze rechtzeitig zu entdecken“, schreibt die Jägerschaft, die vermehrt Anstrengungen unternimmt, die Mahdflächen auf abgelegte Rehkitze abzusuchen. Dies sei nur möglich, wenn die Jäger und ihre Helfer rechtzeitig über den Mähtermin informiert werden.
So war es auch in Odeweg und Schafwinkel der Fall, dass der Hegering Verden-Süd von einem Landwirt über das beabsichtigte Mähen informiert wurde. Einige Stunden vor dem Beginn der Mahd trafen sich daher frühmorgens Mitglieder des Hegerings am Rande der Mahdflächen. Unter der Leitung von Karl-Wilhelm Meyer, der im Hegering Verden-Süd eine Kitzrettergruppe gegründet hat, wurde ein Versuch unternommen, möglichst alle auf den Mahdflächen abgelegten Kitze zu finden.
Dazu wurde eine Drohne mit Wärmebildkamera eingesetzt, die Gerd Bunke aus Odeweg zur Verfügung stellte. Von einem günstig gelegenen Startpunkt am Rande der Mahdflächen wurde die Drohne so programmiert, dass sie eigenständig eine bestimmte Fläche systematisch überfliegen würde. Aber auch von Hand kann die Drohne gesteuert werden.
Nach dem Start konnte auf einem Monitor das Kamerabild verfolgt werden und dabei wurden schon bald helle Punkte sichtbar, die auf eine Wärmequelle hinwiesen. Durch Absenken der Drohne über den Wärmequellen konnte die Ursache für die Markierung genau ermittelt werden. War es ein Hase, so konnte getrost weitergesucht werden, denn der Hase würde rechtzeitig die Gefahrenzone verlassen. Wurde aber ein Rehkitz gefunden, so schwebte die Drohne so lange über dem Kitz, bis die Helfer die Stelle erreicht hatten. Die Drohne flog nach dem Einsatz automatisch zurück und landete selbstständig auf dem Startplatz.
Für die Sicherung der Kitze wurde jetzt ein neues Verfahren in zwei Varianten angewandt. Die Helfer hatten dazu geräumige Wäschekörbe mitgebracht. Bei der ersten Variante trugen die Helfer die Kitze an den Rand der Mahdfläche. Dazu benutzen sie Einweghandschuhe und Grasbüschel, um einen Hautkontakt mit den Kitzen zu vermeiden. „Am Rand der Fläche wurden die Kitze kurzzeitig mit einem Wäschekorb abgedeckt, denn die Ricken neigen erfahrungsgemäß dazu, die Kitze so schnell wie möglich wieder in die vermeintlich sichere Mahdfläche zu locken. Nach dem nachfolgenden Mähen wurden die Kitze so schnell wie möglich wieder freigesetzt.“
Bei der zweiten Variante werden gleich an der Fundstelle die Wäschekörbe umgedreht über die Kitze platziert und am Boden befestigt. Der Landwirt wird darüber informiert und kann beim anschließenden Mähen die weithin sichtbaren Wäschekörbe umfahren und nach dem Mähen die Kitze von ihrem Schutz befreien.
„Das Ergebnis war, dass an diesem Morgen drei Rehkitze vor dem Mähtod bewahrt werden konnten. Die zugehörigen Muttertiere, also die Ricken, waren stets in Sichtweite geblieben und nahmen nun wieder Kontakt mit ihren Kitzen auf.“
Diese neue Methode zur Kitzrettung soll nun weiter verfolgt werden. Dazu werden in den nächsten Tagen für die Verdener Jägerschaft drei neue Drohnen mit Wärmebildkamera geliefert. Verbunden damit werden weitere Mitglieder der Jägerschaft den notwendigen Drohnenführerschein nach der neuen EU-Drohnenverordnung mit einer Prüfung erwerben.
Die Kosten für die Anschaffung der hoch technisierten Drohnen sind nicht unerheblich und so haben sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung bereit erklärt, sich an den Kosten zu beteiligen.