Vor dem ersten Grasschnitt liegen viele Rehkitze im hohen Gras. Ist der Landwirt oder der Jäger für die Suche der Wildtiere zuständig, damit diese nicht ausgemäht werden?
17.06.2021 von Maike Schulze Harling
Frage: Ich bewirtschafte Grünland und informiere den Jagdpächter jedes Mal rechtzeitig vor dem ersten Schnitt, damit er die Wiesen nach Kitzen und anderen Wildtieren absucht. Wenn er antwortet, er habe keine Zeit, die Wiesen abzusuchen, bin ich dann verpflichtet, die Wiesen selbst abzusuchen? Und wenn ich das dann tue, kann ich ihm dann meine Arbeitszeit in Rechnung stellen?
Antwort: In der Pflicht zur Wildsuche, um die Tiere vor dem Mähtod zu bewahren, stehen Landwirte und Lohnunternehmer. Ansonsten würden Sie gegen § 17 Tierschutzgesetz verstoßen, weil Sie vorsätzlich ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund töten, da Sie es unterlassen, durch Ergreifen der bekannten Führsorgemaßnahmen Wildtiere vor der Mähmaschine zu bewahren. Das kann zu hohen Geldbußen führen. Sie handeln deshalb im eigenen Interesse, wenn Sie sich darum bemühen, dass kein Tier zu Schaden kommt, indem Sie etwa vor der Mahd ihre Wiese abgehen oder die Fläche mit Drohnen absuchen. Einen Anspruch gegen den Jagdpächter auf Vergütung ihres Engagements haben Sie nicht, weil Sie jedenfalls nicht primär seine, sondern Ihre eigene Aufgabe erfüllen. Dies liegt daran, dass die Todesgefahr vom Mähwerk ausgeht und dieses bedient nicht der Jäger. Landwirte und Lohnunternehmer verursachen den Tod unmittelbarer und wenn sie nichts getan haben, um ihn abzuwenden, obgleich sie annahmen, dass sich Kitze auf der Mähfläche niedergetan haben könnten, zum Beispiel weil dies in der Vergangenheit auch bereits vorgekommen ist oder weil die Jahreszeit oder die Lage der Wiese am Waldrand oder in einem gut besetzten Niederwildrevier dazu angetan sind, so wird ihnen der Tod ausgemähter Kitze täterschaftlich zugerechnet. Jagdpächter hat Hege zu leisten Die Gesetze und die Rechtsprechung weisen dem Jagdpächter bei der Kitzrettung in der Mahdzeit eine untergeordnete Rolle zu. Der Jagdpächter ist nach § 1 Bundesjagdgesetz verpflichtet, das Wild zu hegen, wozu auch die Rettung von Rehkitzen vor dem Mähtod gehört. Allerdings werden Jäger, ganz anders als Landwirte und Maschinenführer, kaum wegen Verstoßes gegen § 17 Tierschutzgesetzes dafür verurteilt, dass sie die bekannten Führsorgemaßnahmen, die Wildtiere vor dem Ausmähen schützen, nicht ergriffen haben. Die Hegepflicht des Jägers gebietet ihm aber, sich an der Suche zu beteiligen.Wenn er das wiederholt ablehnt, ließe sich allenfalls daran denken, dass erdadurch die allgemein anerkannten Weidgerechtigkeitsgrundsätze missachtet, was schlimmstenfalls zur Versagung seines Jagdscheins nach § 17 II Nr. 4 BJG führen kann. Insofern ist auch er gut beraten mitzuwirken.
RA Hans-Jürgen Thies, MdB, Vizepräsident des LJV NRW