27.12.2021 VAZ: Staupeverdacht in Embsen

Jagdpächter: Hundebesitzer sollten den Impfstatus ihres Vier¬beiners dringendst überprüfen

Staupekranker Fuchs. Bild aus einem Video, dass ein Landwirt vom Trecker aus aufgenommen hat. Foto: privat

Achim – Einen verhaltensauffälligen Fuchs sichteten mehrere Spa­ziergänger im Prachermoor in Embsen in der Woche vor Weihnach­ten und meldeten das verschiedenen Behörden. Nicht zuletzt Dr. Ul­rich Tucholke, Jagdpächter in Embsen, wurde darüber nach eigenen Angaben in Kenntnis gesetzt. Der Experte geht davon aus, dass der vermutlich inzwischen verendete Fuchs mit dem Hundestaupevirus infiziert war.

„Die Beobachtungen wurden um die Mittagszeit gemacht – was al­lein schon auffällig ist, da Füchse fast ausschließlich nachtaktiv sind“, schreibt Tucholke in einer Presseerklärung. Die beschriebenen Symptome deuteten auf eine Infektion mit dem Hundestaupevirus (CDV) hin: starke Einschränkung des Bewegungsapparates, apathisch, kein Fluchtreflex, Zusammensacken der Hinterläufe, abgelöst von nervö­sen, krampfartigen Bewegungen (Hirnstaupe). „Leider konnte der Fuchs nicht zur Strecke gebracht werden, ist aber wahrscheinlich be­reits verendet“, merkt der Jagdpächter an.

Die Staupe ist nach seinen Angaben eine Viruskrankheit und bun­desweit auf dem Vormarsch. Auch in Niedersachsen steige die Zahl der bestätigten Fälle bei Wildtieren. Im Landkreis Verden habe es 2020 eine Häufung im Südkreis und im September dieses Jahres ei­nen laborbestätigten Fall in Sagehorn gegeben. „Dort wurde ein kranker Fuchs im Wohngebiet eingefangen und getötet, nachdem er sich am helllichten Tag durch mehrere Hausgärten geschleppt hatte.“ Die serologische Untersuchung des Tierkörpers durch das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (La­ves) in Hannover sei positiv gewesen.

Als eine Ursache für das Wiederaufflammen der Staupe wird Tucholke zufolge die Zuwanderung und Ausbreitung „invasiver ge­bietsfremder Arten“ gesehen – bei Tieren spreche man von „Neozoen“ -, die als Virusreservoir für die Staupe gelten. „Hinsichtlich der Staupe sind besonders der Waschbär und der Marderhund (Enok) zu nennen, beides Arten, die mittlerweile auch in unserer Region häufig vorkommen und intensiv mit Fallen und vom Ansitz bejagt werden.“ Allein im Jagdbezirk Embsen seien im Jagdjahr 2019 21 Marderhunde zur Strecke gebracht worden – „so viel wie in keinem anderen Revier im Kreis Verden“. Besonders die Gegend um das Landschaftsschutzgebiet Prachermoor und die Moore um den Oyter See scheinen laut dem Jagdpächter ein attraktives Habitat für diese Art zu sein.

„Auch Waschbären – noch vor wenigen Jahren bei uns unbekannt ­sind mittlerweile regelmäßig auf den nächtlichen Aufzeichnungen von Wildkameras und Überwachungskameras an landwirtschaftli­chen Objekten zu sehen.“ Diese klugen und possierlichen Tiere seien mittlerweile häufiger in Siedlungsgebieten anzutreffen als in der freien Landschaft. „In der Nähe des Menschen ist der Tisch für sie reich gedeckt – dank Mülleimer und Katzenfutter auf der Ter­rasse“, erläutert Tucholke.

Er rät gerade bei dieser Tierart zur Vorsicht. „Von den 2019 ans La­ves zur Untersuchung eingesandten Waschbären waren 74 Prozent Staupe-positiv. Erwähnt sei hier auch das Risiko bakterieller und pa­rasitärer Infektionen, die von Waschbären ausgehen können.“

Einen starken Anstieg der Staupefälle bei Füchsen habe es 2017 und 2018 gegeben, 57 Prozent seien positiv gewesen – „eine Verdoppe­lung gegenüber den Vorjahren“. Im ersten Halbjahr 2021 lag die Quote, wie Tucholke mitteilt, bei 53 Prozent, „das heißt jeder zweite untersuchte Fuchs war Virusträger“.

Hundebesitzern, die sich in der freien Landschaft mit ihrem Hund aufhalten, empfiehlt er „dringendst, den Impfstatus ihres Vierbei­ners zu überprüfen“. Das Staupevirus sei für Hunde hochanste­ckend und nur die regelmäßige Impfung schütze ihn sicher vor ei­nem Ausbruch der Krankheit. Und selbst, wenn ein Hund sie überle­ben sollte, hinterlasse die Staupe meist irreparable Schäden. Für Menschen sei das Staupevirus nicht gefährlich. „Infizieren können sich Hunde beim Schnüffeln an Ausscheidungen (Kot, Urin) oder Körpersekreten infizierter Füchse, Marderhunde oder Waschbären. Da das Staupevirus relativ kältestabil ist, bleibt es gerade jetzt in der kälteren Jahreszeit über Tage bis Wochen infektiös.“

Erste Krankheitssymptome der Staupe beim Hund seien hohes Fie­ber, Fressunlust, Mattigkeit und später – je nach Verlaufsform – Er­brechen, Durchfall, Nasenausfluss, Atemnot, krampfartige Anfälle und Verhornung des Nasenspiegels und der Zehenballen.