Otersen – Rindersteaks aus Argentinien oder Lammkeule aus Neuseeland? Solche Angebote sind durchaus in deutschen Supermärkten zu finden. Zehntausende Kilometer hat dieses Fleisch hinter sich, um beim Kunden zu landen. Dabei geht es doch so viel ökologischer: Beim Jäger um die Ecke wartet Wildfleisch in bester Qualität. „Stimmt, ich kenne aber leider gar keinen Jäger“, denkt vielleicht der ein oder andere Leser jetzt. Aber das muss er auch gar nicht: Die App „Waldfleisch“ bringt Jäger und Kunden zusammen.
Hauke Schormair, passionierter Jäger aus Otersen, ist einer der Anbieter auf der Plattform. „Früher lief das ganze Wildfleisch-Geschäft über Mund-zu-Mund-Propaganda. Heute vermarkte ich mein Fleisch zusätzlich über die App.“ Wie alle Jäger hat auch Schormair Quoten zu erfüllen, wie viel Rehwild, Damwild, Wildschweine und Co er im Jahr zu schießen hat. Dem stellvertretenden Vorsitzenden der Jägerschaft Verden liegt es am Herzen, das anfallende Fleisch vernünftig zu verwerten, auch wenn sich damit nicht wirklich Geld verdienen lasse. Aber die Produktion von Nahrungsmitteln ist aus meiner Sicht ein hoch anständiger Grund, zur Jagd zu gehen“, so Schormair.
Die moderne Technik helfe dabei, besonders hochwertige Nahrungsmittel zu erzeugen, die heutigen Wildkühlschränke ermöglichten einen ausgezeichneten Reifeprozess. „Wildfleisch von heute muss nicht mehr gebeizt werden, es kann verarbeitet werden wie Rind oder Schwein, es ist sehr unkompliziert.“ Er finde es toll, dass immer mehr ambitionierte Hobbyköche Rezepte mit Wildfleisch ausprobierten. Auch die Waldfleisch-App stelle spannende Ideen zur Zubereitung zur Verfügung.
Die App hat der Verdener Frank Luttmann entwickelt. Dessen Vater, Jürgen Luttmann, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, habe ihn auf die Idee gebracht, so der App-Entwickler, der heute in Bremen lebt. Ziel der Waldfleisch-App sei es, die Jäger bei der Direktvermarktung ihres Wildbrets zu unterstützen. „Angefangen haben wir 2021, zunächst gemeinsam mit der Landesjägerschaft“, so Luttmann. Das Ganze sei so erfolgreich angelaufen, dass mittlerweile – mithilfe des Deutschen Jagdverbandes – das Projekt auf ganz Deutschland ausgeweitet wurde. Inzwischen haben mehr als 400000 potenzielle Kunden die App runter-geladen, 9200 Jäger machen mit.
So muss niemand mehr „jemanden kennen, der jemanden kennt“, sondern bei Interesse einfach sein Handy anschalten und gucken, welche Wildfleischstücke die Jäger aus der eigenen Nachbarschaft anbieten. Sei es nun die Wildschweinbratwurst oder der Rehrücken, das Gulasch oder die Keule – in der waldreichen Region im Landkreis Verden dürften eigentlich alle Kundenwünsche erfüllt den. Und wenn das richtige Stück Fleisch gefunden ist: einfach per App Kontakt aufnehmen mit dem Jäger und die Verkaufsmodalitäten absprechen.
„Das Interesse der Menschen an Wildfleisch ist in den letzten Jahren eher mehr geworden, jedenfalls empfinde ich das so. Es handelt sich um einen engagierten Käuferkreis, der gerne kocht und Wert auf gute Qualität und Nachhaltig legt“, so Schormair, dessen Handy jetzt piept. Ein Kunde interessiert sich für eine Damwild-Unterschale, 1,4 Kilo, die Schormair über die Waldfleisch-App bietet. Da muss er jetzt rasch antworten, damit das schöne Fleischstück auch schnell den Besitzer wechselt. rei