14.08.2025 Achimer Kurier: „Wolfsabschüsse rücken näher“

Neueinschätzung zum Erhaltungszustand des Raubtieres sorgt für Diskussionen im Kreis Verden

Kaum ein Tier löst momentan so hitzige Debatten aus wie der Wolf. Während viele Naturschützer die Rückkehr des großen Raubtieres begrüßen, führen Übergriffe auf Nutztiere zu Verärgerung bei Landwirten.

Landkreis Verden. Seitdem sich die Sichtungen von Wölfen und potenzielle Risse im Landkreis Verden – wie zuletzt in Eitze und Weitzmühlen – häufen, werden Forderungen nach einer stärkeren Bejagung des Raubtieres in der Region lauter. Angestrebte Änderungen von Bundesgesetzen könnten nun den Weg frei machen für ein regionales Wolfsmanagement.

Was ist passiert?

Im Rahmen der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) übermittelt die Bundesregierung regelmäßig an die EU einen Bericht, in dem die Erhaltungszustände verschiedener Arten bewertet werden. Für die atlantische biogeografische Region Deutschlands – zu der auch der Landkreis Verden gehört – wird für den Wolf erstmals ein „günstiger“ Erhaltungszustand gemeldet. „Das ist ein politischer Meilenstein“, sagt CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Mattfeldt. Damit wird die Wolfspopulation als ausreichend groß für den Fortbestand definiert und nicht länger als vom Aussterben bedroht bewertet. „Das macht endlich den Weg frei für ein regionales Wolfsmanagement zur Kontrolle der Bestände und für einen besseren Herdenschutz der Weidetiere in den ländlichen Räumen.“

Wie steht die Jägerschaft zu den Plänen?

„Aufgrund der Daten des Wolfsmonitorings der Landesjägerschaft (LJN) hat die Bundesregierung die Einstufung ‚günstig‘ zurecht getroffen“, betont Jürgen Luttmann, 1. Vorsitzender der Kreisjägerschaft Verden. Sie ermögliche die „längst überfällige“ und schon im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung enthaltene „regional differenzierte Wolfsregulierung“ gesetzlich zu legitimieren. Laut dem ersten Paragrafen des Bundesjagdgesetzes (BJagdG) hat die Hege die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes zum Ziel. „Wenn der Wolf im BJagdG aufgenommen wird, gilt das – endlich – auch für ihn“, sagt Luttmann. Er erwarte deswegen, dass der Wolfsbestand den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepasst wird. „Wie heute schon beim Rothirsch, könnte das für den Wolf bedeuten, dass er bestimmte Gebiete zwar durchwandern darf, die Ansiedelung eines Rudels aber unterbunden wird“, erklärt Luttmann. Zum Schutz der Deichschafe könnte so ein Gebiet zum Beispiel der deichreiche Landkreis Verden sein.

Was sagt der Naturschutzbund dazu?

Der Nabu hält eine generelle Bejagung des Wolfs nicht für sinnvoll. „Die selektive Entnahme problematischer Wölfe hingegen lässt sich auch abseits einer regulären Bejagung umsetzen und wird vom Nabu grundsätzlich als gerechtfertigt angesehen“, sagt Bernd Witthuhn, 1. Vorsitzender des Kreisverbandes Verden. Im Kreisgebiet gebe es momentan aber keine Problemwölfe. „Die meisten Übergriffe sind auf unzureichenden Herdenschutz zurückzuführen, so wie bei den kürzlichen Vorfällen in Kirchlinteln.“
Laut Witthuhn führe die Bejagung zudem nicht dazu, dass es keine Risse mehr gibt. „Wölfe lernen durch menschliche Bejagung nicht, Abstand zu Weidetieren zu halten. Das kann nur durch Herdenschutz, vor allem mit Elektrozäunen, erreicht werden.“ Auch wenige Wölfe könnten großen Schaden anrichten, wenn sie auf ungeschützte Weiden treffen. „Von daher geht die scheinbar einfache Rechnung – ‚weniger Wölfe gleich weniger Risse‘ – nicht auf und sollte so auch nicht den
Weidetierhaltern suggeriert werden.“ Sinnvoll wäre es aus seiner Sicht dagegen, wenn die Politik die Förderung von Herdenschutz und Weidebetriebe generell unterstützen würde.

Wie geht es nun weiter?

Eine abschließende Bewertung soll nach Überarbeitung der Bewertungsgrundlagen im Herbst vorgelegt werden. Zudem sollen – wie im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD vereinbart – Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz und im Bundesjagdgesetz erfolgen, um insbesondere eine rechtssichere Entnahme von Problemwölfen zu ermöglichen.

 

Text: Lina Wentzlaff

Foto: Björn Hake