Zum Leserbrief „Reduzierung auf zwei Rudel kommt geplantem Genozid gleich“ , Lokales Verden vom 10. November.
Als Landwirtssohn und überzeugter, waidgerechter Jäger stelle ich mir die Frage, was Frau Kernhoff so verbittert, dass sie diese beiden Gruppen durch falsche Auslegung von Fakten derart diffamiert. Es ist richtig, dass die Wolfspopulation in Schweden aktuell eine genetische Verarmung hat. Dabei spielt allerdings die schwedische Wolfsdichte eine untergeordnete Rolle.
Die Erklärung der Wissenschaft ist, dass die schwedische Wolfspopulation sich auf eine kleine Gruppe von Wölfen aus der finnisch-russischen Population gründet, die in den 1980er-Jahren nach Schweden einwanderte. Genetische Verarmung ist eine Herausforderung für die Population, weil die Zuwanderung weiterer Wölfe für die langfristige Stabilität Voraussetzung ist.
Doch diese ist durch die geografische Lage Schwedens sehr schwierig; denn dazu müssen die Wölfe durch die Weidegebiete der Rentierwirtschaft im Norden wandern, und das erweist sich durchaus als problematisch. Diese Einschränkungen beim Genaustausch kennen wir im zentral gelegenen Niedersachsen allerdings nicht. In wissenschaftlichen Studien wurde nachgewiesen, dass Wolfsrüden über 1000 Kilometer quer durch Europa ziehen, um eine genetische Isolation und Inzucht zu verhindern.
Der vom Nabu favorisierte „vernünftige Herdenschutz“ ist bei genauerer Betrachtung leider keine praktikable Lösung und darüber hinaus nicht vollumfänglich durch private oder öffentliche Mittel zu finanzieren, es sei denn, dass die Weidewirtschaft weiter dramatisch zurückgeht. Laut offiziellen Wolfsmonitoring-Daten für das letzte komplette Berichtsjahr 2024/25 fanden nur 51 Prozent der Nutztierrisse auf ungesicherten Weideflächen statt. 22 Prozent der Nutztierrisse fanden auf Weideflächen statt, für die laut Richtlinie Wolf kein Grundschutz erforderlich ist.
Bei 10 Prozent der Nutztierrisse war ein wolfsabweisender Grundschutz installiert, aber beeinträchtigt. Warum beeinträchtigt? Weil ein immens hoher Instandhaltungsaufwand erforderlich ist, der von den Weidetierhaltern nachhaltig nicht zu leisten ist. Bei beachtlichen 14 Prozent der Nutztierrisse war ein intakter wolfsabweisender Grundschutz vorhanden. Ist das die Sicherheit, die wir für unsere Weidetiere benötigen?
Die Beeinträchtigungen, die solche Zäune für die anderen Wildtiere bedeuten, die von der Nahrungs- und Deckungsisolierung bis hin zum Töten von Kleintieren gehen, wenn die empfohlene elektrische Leistung am Zaun installiert wird, sind den Befürwortern anscheinend egal. Egal scheint ihnen auch zu sein, dass bei diesen Bedingungen die Weidetierhaltung – nicht nur im Hobby oder Nebenerwerb – ganz erheblich zurückgehen dürfte. Mit den unbestrittenen negativen Folgen für den Erhalt der Artenvielfalt, die uns allen doch so wichtig ist.
Wir Jäger brauchen keine Belehrungen, ob unser Tun noch zeitgemäß ist, wir arbeiten konsequent für die Ziele des § 1 (2) BJagdG: „… die Erhaltung eines den landschaftlichen und landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden Wildbestandes sowie die Pflege und Sicherung seiner Lebensgrundlagen …“ und das ehrenamtlich und größtenteils kostenlos für unsere Gesellschaft.
Dass jemand dazu übergeht, Fakten „kreativ“ auszulegen, wenn die Argumente ausgehen, kann ich noch verstehen. Dass man aber so weit geht, die berechtigten Forderungen eines anderen anerkannten Naturschutzverbandes sowie rechtschaffener Weidetierhalter als „geplanten Genozid“ zu bezeichnen und diese Aussage auch noch (elektronisch) am 9. November veröffentlicht wird, ist für mich unfassbar.JÜRGEN LUTTMANN Vorsitzender der Jägerschaft DES LANDKREISES VERDEN
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