Die Anfänge des “Bläserkorps der Kreisgruppe Verden“ reichen zurück in den Herbst 1951, als sich die späteren Gründungsmitglieder zu ersten lockeren Übungsabenden trafen (In der Satzung von 1963 wurde die lt. Satzung richtige Schreibweise Korps gewählt. Später hat sich das C eingeschlichen, wohl auch, weil die Satzung längere Zeit “im Archiv verschollen“ war. Es sollte überlegt werden wieder das Korps einzuführen).

Die Gründungsmitglieder auf ihrem ersten Ausflug nach Bückeburg.
Von links: Rudolf Martens, Klaus Burow, Erich Simon, Jonny Meyer, Hermann Kracke, Cord-Hinnerk Cordes

Der Entschluss, eine Bläsergruppe zu gründen, wurde auf dem Grünen Fest 1952 gefasst, weil dort eine Bremer Waldhorngruppe geblasen hat, die angeblich viel Geld kostete und außerdem Frauen und Kesselpauken dabei hatte. „Was dieses `Damenkränzchen´ kann, das können wir auch!“ waren sich die 6 Verdener Jagdhornbläser Klaus Burow (Kirchlinteln), Cord-Hinnerk Cordes (Kirchlinteln), Hermann Kracke (Ahnebergen), Rudolf Martens (Kirchlinteln-Ramelsen), Jonny Meyer (Kirchlinteln-Brammer) und Erich Simon (Verden-Borstel) sofort einig und so wurde der nächste Übungsabend zur Gründungsversammlung des “Bläsercorps der Kreisgruppe Verden“. Cord-Hinnerk Cordes besaß noch gar keinen Jagdschein, hatte aber von seinem Vater ein Horn geerbt, das dieser am 7. Januar 1911 geschenkt bekommen hatte und auf Treibjagden mitführte. Es befindet sich immer noch in Familienbesitz und genießt einen Ehrenplatz unter namibischer Sonne.

Die erwähnte Einstellung zu Frauen auf der Jagd und beim Jagdhornblasen war zu damaliger Zeit nichts Aufsehenerregendes. Heute schmunzeln wir darüber, zumal das jetzige Bläsercorps ohne das überdurchschnittliche Engagement seiner Damen kaum vorstellbar ist. Auf dem Grünen Fest 1953 gab es den ersten großen Auftritt der neuen Gruppe. Zur Belohnung lud der Vorstand der Kreisjägerschaft die Bläser zu einem Ausflug mit Frauen nach Bückeburg ein.

Auf einer Treibjagd in Kükenmoor im Herbst 1955 entstand die Idee des `Bockjagd Anblasens´. Von einer mit Heide bewachsenen Anhöhe haben Cord-Hinnerk und Jonny die Strecke verblasen. Im Abendrot hallte `Jagd vorbei – Halali´ durch das von aufkommenden Nebelschwaden durchzogene Verdener Moor. Ergriffen von dieser Stimmung wurde beschlossen, den Aufgang der Bockjagd mit Jagdhornklängen anzukündigen. Seit dem 15. Mai 1956, also dem Tag vor Beginn der Jagdzeit, werden daher die Bläser mit Anhang abwechselnd von einem der Gruppenmitglieder dazu eingeladen, den Anfang machte Jonny. Da das Jagdhorn für den Gebrauch in freier Natur vorgesehen ist, wurde selbstverständlich auch draußen geübt. Erst traf man sich bei der Fasanerie der Kreisjägerschaft auf dem Hof von Fritz Heemsoth in Eitze, jetzt Gaststätte “Am Kamin“, später am Hundezwinger von Revieroberjäger Erich Simon, der in den ersten Jahren die Leitung übernommen hatte. Der Zwinger lag am Friederikenholz in Borstel und auch die von ihm betreute Fasanerie war aus Eitze dorthin verlegt worden. Nur bei schlechtem Wetter verzog man sich in das anfängliche Vereinslokal, die Bahnhofsgaststätte Hupe, in der damals auch die Jungjägerausbildung stattfand. Ziemlich bald wechselte man in die alte Niedersachsenhalle am Lönsweg, konnte dort aber nicht lange bleiben, weil die Pferde unruhig wurden. So war Hotel Bruer in der Brückstraße einige Jahre Übungslokal, bis die Gruppe endgültig im “Grünen Jäger“ unterkam, manchmal wurde auch im Lintler Krug in Kirchlinteln geübt.

Erich Simon vor der ersten Übungsstätte im Friederikenholz

Von Anfang an herrschte in der Gruppe ein sehr freundschaftliches und gleichberechtigtes Verhältnis untereinander, es gab keinen Vorsitzenden und es war auch niemand durch die Bezeichnung Obmann oder musikalischer Leiter besonders herausgehoben, eine verschworene Gemeinschaft eben. Nun wurde aber etwa ab 1960 ein “Unterhändler“ benötigt, um für die jetzt vermehrt stattfindenden Reisen Zuschüsse vom Vorstand der Kreisjägerschaft zu bekommen. Jonny war der Älteste und sollte das machen. Um den “Vorsitzenden“ zu vermeiden, ist der “Bläservater“ entstanden, es war am familiärsten und unauffälligsten. Cord-Hinnerk kannte Noten, da er mit 13 Jahren in den Posaunenchor eingetreten war und schon als Kind mit seiner sehr musikalischen Tante Friede die Jagdsignale auf dem Harmonium fleißig geübt hatte nach einem Notenbüchlein von 1934. Daher war er musikalischer “Aufpasser“, wenn Gustav nicht da war und gab die Kommandos und Einsätze. Ansonsten wurden aber über diese Dinge keine großen Worte gemacht, das war einfach so, `von Anfang an´!

Erklärtes Ziel war es, neben der Pflege der Geselligkeit den Gebrauch des Jagdhorns bei der praktischen Jagdausübung zu fördern, denn Jagdhornbläser, und dazu solche, die überein-“stimmten“, waren eine Rarität. Es wurden also die Jagdleit- und Wildsignale eingeübt sowie für besondere Anlässe einige Märsche und Fanfaren. Mit Gustav Horn, Stabsmusikmeister a.D., kam 1954 ein ausgewiesener Musik-Fachmann in die Bläsergruppe. Er hatte schon 1950 das Verdener-Trompeter-Orchester gegründet und prägte die Entwicklung des Jagdhornbläsercorps ganz entscheidend.

Gustav Horn (2.v.l.) mit Hermann Luttmann, Jonny Meyer und Wilhelm Koldehofe

Er verstand es hervorragend, bei der Gruppe die Freude am Musizieren zu wecken, sodass neben den Jagdsignalen immer mehr jagdliche Musikstücke eingeübt wurden. Dafür reichte das Fürst-Pless-Horn mit seinen wenigen Naturtönen schon bald nicht mehr aus und es wurden 2 Ventilhörner angeschafft. Bekannte Jägerlieder und -märsche schrieb Gustav Horn so um, dass sie von den Natur- und Ventilhörnern zusammen geblasen werden konnten. So entstand ein umfangreiches Repertoire. Er hatte 2-stimmige Solopartien eingebaut, die von ihm und Cord-Hinnerk geblasen wurden.

Die Probleme waren damals schon die gleichen wie heute: „Da wollten wir für einen Auftritt ordentlich üben, aber die Leute kamen einfach nicht zu den Übungsabenden.“ Daraufhin wurde 1963 eine Satzung beschlossen. Darin waren u. a. Strafsätze für unentschuldigtes Fehlen aufgeführt, bei mehrmaligem, unentschuldigtem Fehlen drohte sogar der Ausschluss. Von dieser Möglichkeit wurde aber nie Gebrauch gemacht, denn die Pflege der Kameradschaft war nicht nur satzungsmäßig festgelegt, sondern wurde wie schon beschrieben auch ehrlich praktiziert (Anm.: Und ist bis heute eines der wichtigsten Ziele).

An dem ersten niedersächsischen Landeswettbewerb auf dem Schützenplatz in Hannover 1962 nahmen die Verdener teil. Vieles war sehr provisorisch, es gab noch keine Hornfesselspange, aber sie schafften gleich mit einem Platz unter den 6 besten Gruppen die Qualifikation für den immer im Folgejahr stattfindenden Bundeswettkampf im Jagdschloss Kranichstein bei Darmstadt. Auch 1964 (8. Platz) und 1966 (2. Platz) erreichten sie in Springe die Qualifikation, konnten aber nur 1965 in Kranichstein teilnehmen, da der Termin immer Anfang September war und die Landwirte dann schlecht Zeit hatten. Die Verdener schrieben deshalb an den DJV, wie einige andere Gruppen auch, und regten an, den Termin zu verlegen.

Kranichstein 1963:
Hermann Luttmann, Cord-Hinnerk Cordes, Hermann Kracke, Heinrich Blome-Müller, Günter Dittmer, Jonny Meyer

Die Landeswettbewerbe wurden bald von Hannover zum Jagdschloss Springe verlegt. Ab 1966 war die Gruppe gezwungen, bei Wettbewerben ohne Gustav Horn auszukommen, da dieser aufgrund seines Fachwissens als Wertungsrichter fungieren musste. Einen starken Eindruck hinterließ er, als er 1966 in Springe am Schluss der Veranstaltung auf dem Ventilhorn allein den Großen Zapfenstreich blies. Auch an anderen Veranstaltungen nahm das Bläsercorps teil. Da war der schleswig-holsteinische Landesbläserwettbewerb im Mai 1965 anlässlich der 700-Jahr-Feier der Stadt Meldorf, auf dem Gustav und Cord-Hinnerk im Solo-Wettbewerb antraten.

 

Wettbewerb in Meldorf 1965: von links: Heinrich Heins, Heinz Blome-Müller, Hermann Luttmann, Cord-Hinnerk Cordes, Hermann Künning, Gustav Horn, Dieter Helmer, Jonny Meyer, Günter Dittmer, Richard Ehlermann

Die Gruppe war weit vorne platziert, vor Hameln-Pyrmont, was damals ein besonderer Erfolg war (Anm.: Und es auch heute wäre). Im Juni 1965 war ein Schaublasen im Wülfeler Biergarten am Schützenhaus in Hannover vor einer Kulisse von mehreren tausend Zuhörern. Ein weiterer Höhepunkt war das Jubiläum “300 Jahre Herrenhausen, Königliche Gärten zu Hannover“ im September 1966 mit über 500 Jagdhornbläsern, Falknern und Hundeführern. Im Rahmen der ersten Partnerschaftsfeier Saumur (Loire) – Verden (Aller) im Juni 1967 bildete das Bläsercorps einen Programmpunkt. Viele Verdener Turniere und Schleppjagden wurden von Jagdhornklängen, damals auch schon mit Es-Hörnern, umrahmt. Ungezählte Geburtstage, Jubiläen und andere Feierlichkeiten wurden mit Jagdhornklängen begleitet und natürlich das jährlich stattfindende Grüne Fest. Die Bläser kannten zudem bald jeden Friedhof im Landkreis, da die verstorbenen Waidgesellen damals wie heute mit einem letzten `Jagd vorbei – Halali´ zu Grabe getragen wurden.

Durch die Verbindung zum Baron v. Spörcken in Lüdersburg konnten die Gruppenmitglieder als Bläser an großen Niederwildjagden teilnehmen, auf denen insbesondere hohe Fasanenstrecken erzielt wurden. Das nahm Gustav Horn zum Anlass, das Signal “Fasan tot“ zu komponieren. Es ist inzwischen in die Sammlung der offiziellen Jagdsignale des DJV aufgenommen worden, allerdings mit unrichtiger Angabe des Verfassers. Als Geschenk an seine Gruppe widmete Gustav Horn dem Jagdhornbläserkorps die “Verdener Jagdfanfare“. Sie gehört natürlich bis heute zum Standardrepertoire und ist auch in die Sammlung “Vortragsstücke aus Niedersachsen“, herausgegeben von Kunibert Zirkel und der LJN Niedersachsen, aufgenommen worden. Mit dem Tod Gustav Horns im Jahre 1976 verlor das Bläserkorps einen seiner wichtigsten Förderer. Sein eingeschlagener Weg, sich nicht allein auf Naturhörner und das Blasen von Jagdsignalen zu beschränken, wird jedoch bis heute weiter verfolgt.

Am 18.12.1969 wanderte Cord-Hinnerk nach Südwestafrika aus, dem heutigen Namibia. Bei seiner Abfahrt aus dem Bremer Hafen wurde er von 12 Jagdhornbläsern verabschiedet. Bei minus 22°C waren leider die Ventilhörner wegen Vereisung außer Betrieb. Schon ein halbes Jahr später besuch- ten sie ihn dort, es war eine sehr nachhaltig beeindruckende Reise. Noch heute kommen die Teilnehmer, 9 Bläser und 5 Frauen, ins Schwärmen und die jungen lauschen manchmal ungläubig, wenn sie von ihren Jagderlebnissen berichten. Nach dem Aufenthalt auf den Farmen wurde das Land bereist. Bei vielen Gelegenheiten wie Turnieren, Bällen oder Empfängen (z.B. beim Administrator, dem höchsten Regierungsbeamten des Landes) wurde ausgiebig geblasen und der Zweck des Horns als Jagdleitinstrument vorgestellt. Am letzten Abend fand auf Cord-Hinnerks Farm Bodenhausen ein Braaivleis (südafrikanischer Grillabend) mit Trophäenschau statt (14 Kudus, 18 Oryx, 11 Hartebeester, 14 Springböcke, 21 Warzenschweine, 1 Steinböckchen, 8 Strauße, 2 Schakale, 12 Stück Niederwild). Mit Gästen und Gastgebern waren es insgesamt 49 Personen.

1970 bekamen Jonny, Gustav und Cord-Hinnerk das Silberne Bläserabzeichen, letzterer auch das Silberne Verdienstabzeichen das DJV als Mitbegründer des Bläsercorps, des Jagdgebrauchshundvereins sowie für Richtertätigkeit und Organisation von Hundeprüfungen.

Zwei Bläsergenerationen im August 2000: v.l..Volker Bannasch, Cord-Hinnerk Cordes, Jonny Meyer, Rudolf Martens und Gerhard Cordes

Der Deutschland-Aufenthalt von Cord-Hinnerk im August 2000 wurde als Gelegenheit genutzt, sich mit den anderen beiden noch lebenden Gründungsmitgliedern Jonny Meyer und Rudolf Martens zu treffen, ebenfalls dabei waren Volker Bannasch, Gerhard Cordes und Henning Meyer. Viele alte Erinnerungen und Geschichten wurden erzählt, von denen einige hier aufgeschrieben sind. Mit Freude sehen die 3 Gründer, dass fortgeführt wird, was sie begonnen haben und wünschen dem Bläsercorps Verden viel Erfolg und vor allem Spaß an der Jaghornbläserei sowie ein gutes Gelingen im Jubiläumsjahr 2002.

Cord-Hinnerk Cordes und Jonny Meyer