11.05.2020 VAZ: Nahrhafte Frühjahrsblüte

Jäger und Landwirte entwickeln Pilotprojekt im Rahmen des Hegefonds

Gemeinsam mit dem Insektenforscher Prof. Dr. Werner von der Ohe begutachteten Imker Heinrich Kersten und Jäger Jürgen Luttmann (v.r.) die erste Frühjahrsblüte in der Gemarkung Bendingbostel. Foto: Leeske

Verden – Die intensive Flächennutzung durch die Landwirtschaft verändert je nach Fruchtfolge die Nahrungsquellen für Insekten. „Im Jahr 2007 wurde die bis dahin verpflichtende Zwangsbrache für nachwachsende Rohstoffe freigegeben. Dass die Politik damit die Weichen für eine intensive Nutzung und damit für eine Vermaisung der Feldflur stellte, war den Jägern im Landkreis Verden sofort bewusst. Deshalb entwickelten sie mit dem Verdener Hegefonds ein Artenschutzprogramm, das hegerische Bewirtschaftungsmaßnahmen von Landwirten unterstützt“, erläuterte der Vorsitzende der Verdener Jäger, Jürgen Luttmann. So sei seit seiner Gründung die Anlage von über 500 Hektar Blühstreifen im Rahmen des Hegefonds ermöglicht worden.

Auch im Jahr 2020 wurden wieder etwa 50 Hektar Blühstreifen angelegt, wovon etwa 15 Hektar mehrjährig stehen bleiben sollen. Neu im Programm ist die „Frühjahrsblüte“. Die Idee entwickelten Jürgen Luttmann und der Imker Heinrich Kersten nach einem Rapsworkshop. Wegen des drastisch reduzierten Rapsanbaus um 45 Prozent seit 2013 in Niedersachsen fehlt vielen Insekten im Frühjahr die Rapsblüte mit Nektar und Pollen als Startertracht. „Die Frühjahrsblüte soll den in der Feldflur lebenden Tieren vom Herbst bis in den Sommer Nahrung und Deckung bieten. Diese Flächen werden im Frühjahr nicht bearbeitet, um Brut und Aufzucht der Jungtiere nicht zu gefährden“, so Luttmann. „Die Frühjahrsblüte soll den Honigbienen und anderen Insekten schon zeitig Nahrung bieten, um die zurückgehenden Rapsbestände zu ergänzen beziehungsweise zu kompensieren. Weiter sollte sie dem Landwirt eine höchst mögliche Flexibilität bei der Anbauplanung lassen“, ergänzte Kersten.

Herausgekommen ist ein Blühstreifenprogramm mit winterharten Frühblühern, die bis Ende August ausgesät werden müssen und erst im Oktober des folgenden Jahres wieder umgebrochen werden dürfen.

Mit Dr. Rudolf Lüdemann, Wilhelm Hogrefe und Heinrich Luttmann fanden sich interessierte Landwirte. Mit ihnen wurde eine erste Saatgutmischung entwickelt und im August 2019 auf elf Flächen mit vier Hektar in der Marsch und auf der Geest ausgesät.

Auch Dr. Gert Kracke, Leiter der Außenstelle Verden der Landwirtschaftskammer, zeigte sich begeistert. Er könne sich vorstellen, dass dieses Programm als Baustein der Niedersächsischen Ackerbau-Strategie in die nächste Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU aufgenommen wird. Er stellte den Kontakt zur Niedersächsischen Landwirtschaftsministerin, Barbara Otte-Kinast, her, die ebenfalls Interesse an diesem Programm zeigt und den Leiter des Bieneninstitutes Celle/ Laves, Prof. Dr. Werner von der Ohe, mit der Begutachtung beauftragte.

Der Insektenforscher war kürzlich mehrere Stunden auf den betroffenen Flächen im Verdener Raum unterwegs, um die ersten Ergebnisse zu begutachten. Auf den unterschiedlichen Böden der Marsch und Geest sei die unterschiedliche Entwicklung und Vielfalt des identischen Saatgutes gut erkennbar gewesen. „Prof. Dr. von der Ohe war beeindruckt von dem, was er bei seinem ersten Monitoring-Besuch zu sehen bekam. Er ist gespannt auf die zukünftige Entwicklung, die er bei weiteren Besuchen begutachten wird“, berichtete Luttmann. Der Professor werde der Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast berichten und Details zum Pilotprojekt, wie Saatgut, Vorteile der Augustaussaat, aber auch den landwirtschaftliche Aufwand berücksichtigen.

lee