12.09.2020 VAZ: ASP: Noch kein Handlungsbedarf

Veterinäramt sieht Kreis gut gerüstet / Landwirte befürchten Preisverfall

Um eine Ausbreitung der ASP zu verhindern, werden auch im Landkreis Verden vermehrt Wildschweine gejagt. Das Land Niedersachsen führte dafür bereits 2018 eine Prämie ein. ArchivFoto: Leeske

VON KATRIN PREUSS

Landkreis – „Die Afrikanische Schweinepest ist in Deutschland angekommen.“ Am Donnerstag bestätigte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, dass die Tierseuche in Brandenburg bei einem toten Wildschwein festgestellt worden ist.

Knapp 400 Kilometer Luftlinie liegen zwischen dem betroffenen Spree-Neiße-Kreis und dem Landkreis Verden. Eine weite Strecke für die Virusinfektion, die sich oftmals nur sehr langsam ausbreitet. Dennoch sind Landwirte, Jägerschaft und Behörden auch hier vorbereitet.

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) wird vor allem durch den direkten Kontakt übertragen, häufig von Wildschwein zu Wildschwein. Und so sind die Mitglieder der hiesigen Kreisjägerschaft angehalten, den Bestand an Schwarzkitteln zu dezimieren. Mit Erfolg. Eine „exorbitant hohe Strecke“ sei vergangenes Jahr angefallen, berichtet Kreisjägermeister Hilmer Kruse.

„Wenn wir hier einen ersten Ausbruch haben, gibt es Ablaufpläne“, sagt Dr. Martina Gouverneur. Akuter Handlungsbedarf bestehe jedoch nicht, betont die Leiterin des Fachdienstes für Veterinärdienst und Verbraucherschutz des Landkreises und bezieht das auch auf den Bau von Zäunen. Deren Standorte müssten genau überlegt werden, in Abhängigkeit vom Fundort eines infizierten Tieres.

Die Schweinehalter aber sind nervös. Hygienekonzepte in den Ställen sind zwar inzwischen Standard, um die Tiere grundsätzlich vor Erkrankungen zu schützen. Außerdem konnte Deutschland aus den Erfahrungen anderer europäischer Länder bei der Seuchenbekämpfung lernen.

Aber: „Ich mache mir Sorgen wegen der Preisentwicklung“, sagt Jörn Ehlers, Vizepräsident des Niedersächsischen Landvolks und selber Besitzer eines Mastbetriebes mit 2000 Schweinen in Holtum (Geest). Hilmer Kruse, ebenfalls Schweinehalter, rechnet mit „ziemlich markanten wirtschaftlichen Einbußen“, nachdem Deutschland den Status „ASP-frei“ verloren habe und „aus dem Tal der Glückseligen“ entlassen“ worden sei.

Nach Bekanntwerden des Brandenburger Fundes reagierte Südkorea als erstes Land und stoppte die Einfuhr von deutschem Schweinefleisch. „Ich hoffe, dass die Grenze offenbleibt“, sagt Ehlers nun mit Blick in Richtung China. Das Reich der Mitte gehört zu den wichtigsten Abnehmern.

Die Situation der Fleischmärkte dürfe nicht von Handelspartnern ausgenutzt werden, um eigene wirtschaftliche Vorteile zu generieren, fährt Ehlers fort. „Als Bauernverband setzen wir uns für regionalisierte Handelsbeschränkungen ein, die sich auf Problemgebiete beschränken und somit dem Risiko angepasst sind“, sagt er.

Ehlers und Kruse appellieren zudem an die deutschen Verbraucher, sich durch die Tierseuche nicht vom Fleischkauf abschrecken zu lassen. So tödlich das ASP-Virus für Schweine ist, so ungefährlich sei es für Menschen, betonen sie. „Es gibt keinen Grund, jetzt auf sein Schnitzel zu verzichten“, sagt Kruse.

Seit 2018 ist das Kreisveterinäramt in Sachen ASP regelmäßig mit Landwirten und Jägern im Gespräch. Die Mitarbeiter treffen sich mit Vertretern der Kommunen, der Ordnungsämter und der Unteren Naturschutzbehörde. Sie wirkt mit im Tierseuchenkrisenzentrum. Hier arbeiten die Landkreise Rotenburg, Cuxhaven, Osterholz, Stade und Verden zusammen. Auch, um gemeinsam den Ernstfall zu proben. Denn Wildschweine kennen, ebenso wie die Tierseuche, keine (Kreis-)Grenzen.

Gearbeitet wird nach dem Tierseuchenbekämpfungshandbuch. Die Sicherung des Fundortes, die Einrichtung eines Krisenzentrums, das Hinzuziehen von Fachleuten, das Abstecken einer Pufferzone um den Auffindeort, die Jagd auf Schwarzwild: All das und vieles mehr ist dort festgeschrieben und kreisübergreifend mehrfach geprobt worden. Insofern sieht man sich im Landkreis Verden gerüstet.

Der Faktor Mensch ist dabei allerdings schwer zu berechnen. „Ein Wildschwein läuft keine 400 Kilometer“, deutet Martina Gouverneur an, dass die Übertragung des Virus über große Distanzen menschengemacht ist.

Es sei wichtig, die Vorschriften zum Mitbringen von schweinehaltigen Lebensmitteln aus Risikogebieten sowie aus nicht EU-Mitgliedsstaaten konsequent einzuhalten, um eine Ausbreitung des Erregers zu verhindern, heißt es dazu auf der Internetseite des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unter https://tierseucheninfo.niedersachsen.de/ „Besonders wichtig ist es, dass keine Speisereste in der Natur zurückgelassen werden.“