VON LISA DUNCAN
Quelkhorn – Wenn es draußen grünt und blüht, kommt auch das Saatgut in die Ackerkrume. Landwirte kümmern sich aber nicht nur um das Ausbringen der Saat, die später guten Ertrag und damit Einnahmen bringen soll, sondern auch um Artenvielfalt und -reichtum. In Quelkhorn kooperieren Landwirte und Jäger, um gemeinsam Blühflächen anzulegen. „Je mehr solcher Flächen sich im Mosaik der Feld- und Grünlandwirtschaft finden, umso besser ist es um Insekten, Vögel und Wild bestellt“, sagt Wolfgang Mohr vom Vorstand der Kreisjägerschaft Verden.
Landwirt Dirk Gieschen stellt einen Teil seiner Anbauflächen fiir den Erhalt dieser Biodiversität zur Verfügung. Etliche Blühflächen entstehen in Ottersberg aus unterschiedlichen Motiven: Durch verschiedene Eigeninitiativen, Programme der Jäger, wie etwa den „Verdener Hegefonds“ (jaegerschaft-verden.de), den „Ottersberger Weg“, Agrarumweltmaßnahmen (AUM) oder als Ausgleich für Windkraftanlagen. Dirk Gieschen und Wolfgang Mohr kooperieren im Rahmen des Verdener Hegefonds, des Arten- und Naturschutzprogramms der Jägerschaft und der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Verden — eine Zusammenarbeit, die bereits seit rund zehn Jahren besteht. Etwa 20 Landwirte aus dem Flecken Ottersberg beteiligen sich Gieschen zufolge an dem Programm. Auf vielen Feldern hat Gieschen die Imkermischung ausgebracht. „Dadurch ergibt sich eine zusätzliche Vernetzung zum Wegeverbund“, erklärt Marten Gieschen. Dirk Gieschen zeigt auf das Land jenseits des Ackers, auf dem sein Sohn die Imkermischung ausgesät hat, und ergänzt: „Das gehört zum Landkreis Rotenburg, wo es schon aus Tradition viel mehr Monokulturen gibt als hier.“ Auf den meisten Flächen des Nachbarlandkreises werde heute Mais angebaut, aber dort habe es schon früher Kooperativen von Landwirten für den Kartoffelanbau gegeben. Auf der Ottersberger Seite habe es im Vergleich immer schon mehr Biodiversität gegeben – „die Landwirtschaft war nie so stark durch Monokulturen geprägt“. Gieschen zufolge braucht es „Platz für beides“ – intensive Landwirtschaft und den Erhalt der Biodiversität. „Wenn ich ein Prozent für Blühflächen hergebe und das für mich wirtschaftlich nicht geht, muss ich überlegen, was ich auf den anderen 99 Prozent verkehrt mache“, so Gieschen.
Für die Jägerschaft bringt die Zusammenarbeit unter anderem Vorteile, weil sie hilft, heimische Tierarten zu erhalten, die auch für Jäger interessant sind. Mohr erklärt dies am Beispiel Rebhuhn: „Wenn man sieben Prozent der Gesamtfläche für die intensive Landwirtschaft mit Blühflächen bestückt, hat das Rebhuhn eine echte Überlebenschance.“
Landwirte, die sich wie Gieschen an dem Programm beteiligen, erhalten aus dem Budget des Verdener Hegefonds eine Prämie von acht Cent pro Quadratmeter Blühfläche und bekommen das Saatgut gestellt.
„Zunächst ist es wichtig, dass solche Flächen überhaupt angelegt werden. Doch welches Saatgut verwendet wird und wann die Aussaat erfolgt, spielt eine ebenso wichtige Rolle“, sagt Gieschen. Im August 2020 brachte er auf seinen Anbauflächen „Frühblüher-Saatgut“ ein. „Dieses ist dann im Herbst noch aufgelaufen und die enthaltenen Rübsen sind in diesem Jahr schnell zu ersten Blütenständen erwachsen, die Bienen, Wildbienen und anderen Insekten frühestmöglich Nahrung bieten“, erklärt Mohr. Jetzt, im Frühjahr, kam an anderer Stelle die Verdener Imkermischung und Wildackersaat in die Erde. „Damit ist ein durchgehendes Trachtenband gewährleistet sowie Nahrung und Deckung bis zum nächsten Jahr“, fasst Mohr zusammen. Und im nächsten Frühjahr geht es wieder von vorne los.
Mohr und Gieschen sind stolz auf die unbürokratische Zusammenarbeit – „ohne viel Diskussionen, ohne Gesetze und Verordnungen abzuwarten oder zu strapazieren, ohne laute Prozessankündigungen zur Geldbeschaffung und ohne gegenseitige Schuldzuweisungen. Lasst die auf dem Dorf man machen, dann tut sich auch was.“