19.05.2021 AKZ: „Lasst die auf dem Dorf man machen“

Dirk Gieschen legt auf seinen Feldern in Kooperation mit der Jägerschaft Blühflächen an

Schulterschluss von Landwirten und Jägerschaft: In Kooperation mit Wolfgang Mohr vom Vorstand der Kreisjägerschaft Verden haben Marten und Dirk Gieschen (v.l.) auf diesem Feld die Verdener Imkermischung ausgebracht. Foto: Duncan

VON LISA DUNCAN

Quelkhorn – Wenn es draußen grünt und blüht, kommt auch das Saatgut in die Acker­krume. Landwirte kümmern sich aber nicht nur um das Ausbringen der Saat, die spä­ter guten Ertrag und damit Einnahmen bringen soll, son­dern auch um Artenvielfalt und -reichtum. In Quelkhorn kooperieren Landwirte und Jäger, um gemeinsam Blüh­flächen anzulegen. „Je mehr solcher Flächen sich im Mosa­ik der Feld- und Grünland­wirtschaft finden, umso bes­ser ist es um Insekten, Vögel und Wild bestellt“, sagt Wolf­gang Mohr vom Vorstand der Kreisjägerschaft Verden.
Landwirt Dirk Gieschen stellt einen Teil seiner Anbauflä­chen fiir den Erhalt dieser Biodiversität zur Verfügung. Etliche Blühflächen entste­hen in Ottersberg aus unter­schiedlichen Motiven: Durch verschiedene Eigeninitiati­ven, Programme der Jäger, wie etwa den „Verdener He­gefonds“ (jaegerschaft-verden.de), den „Ottersberger Weg“, Agrarumweltmaßnahmen (AUM) oder als Ausgleich für Windkraftanlagen. Dirk Gieschen und Wolfgang Mohr kooperieren im Rahmen des Verdener Hege­fonds, des Arten- und Natur­schutzprogramms der Jäger­schaft und der Unteren Naturschutzbehörde des Land­kreises Verden — eine Zusam­menarbeit, die bereits seit rund zehn Jahren besteht. Etwa 20 Landwirte aus dem Fle­cken Ottersberg beteiligen sich Gieschen zufolge an dem Programm. Auf vielen Feldern hat Gieschen die Imkermischung ausgebracht. „Dadurch ergibt sich eine zusätzliche Vernetzung  zum Wegeverbund“, erklärt Marten Gieschen. Dirk Gieschen zeigt auf das Land jenseits des Ackers, auf dem sein Sohn die Imkermischung ausgesät hat, und ergänzt: „Das gehört zum Landkreis Rotenburg, wo es schon aus Tradition viel mehr Monokulturen gibt als hier.“ Auf den meisten Flä­chen des Nachbarlandkreises werde heute Mais angebaut, aber dort habe es schon frü­her Kooperativen von Land­wirten für den Kartoffelan­bau gegeben. Auf der Ottersberger Seite habe es im Ver­gleich immer schon mehr Biodiversität gegeben – „die Landwirtschaft war nie so stark durch Monokulturen geprägt“. Gieschen zufolge braucht es „Platz für beides“ – intensive Landwirtschaft und den Erhalt der Biodiversität. „Wenn ich ein Prozent für Blühflächen hergebe und das für mich wirtschaftlich nicht geht, muss ich überle­gen, was ich auf den anderen 99 Prozent verkehrt mache“, so Gieschen.

Für die Jägerschaft bringt die Zusammenarbeit unter anderem Vorteile, weil sie hilft, heimische Tierarten zu erhalten, die auch für Jäger interessant sind. Mohr erklärt dies am Beispiel Reb­huhn: „Wenn man sieben Prozent der Gesamtfläche für die intensive Landwirtschaft mit Blühflächen bestückt, hat das Rebhuhn eine echte Überlebenschance.“

Landwirte, die sich wie Gieschen an dem Programm beteiligen, erhalten aus dem  Budget des Verdener Hege­fonds eine Prämie von acht Cent pro Quadratmeter Blüh­fläche und bekommen das Saatgut gestellt.

Der Erhalt der Artenvielfalt ist das Ziel. Foto: Duncan
Eine Handvoll Verdener Imkermischung. Foto: Duncan

„Zunächst ist es wichtig, dass solche Flächen über­haupt angelegt werden. Doch welches Saatgut verwendet wird und wann die Aussaat erfolgt, spielt eine ebenso wichtige Rolle“, sagt Gieschen. Im August 2020 brach­te er auf seinen Anbauflä­chen „Frühblüher-Saatgut“ ein. „Dieses ist dann im Herbst noch aufgelaufen und die enthaltenen Rübsen sind in diesem Jahr schnell zu ers­ten Blütenständen erwach­sen, die Bienen, Wildbienen und anderen Insekten frü­hestmöglich Nahrung bie­ten“, erklärt Mohr. Jetzt, im Frühjahr, kam an anderer Stelle die Verdener Imkermischung und Wildackersaat in die Erde. „Damit ist ein durchgehendes Trachten­band gewährleistet sowie Nahrung und Deckung bis zum nächsten Jahr“, fasst Mohr zusammen. Und im nächsten Frühjahr geht es wieder von vorne los.

Mohr und Gieschen sind stolz auf die unbürokratische Zusammenarbeit – „ohne viel Diskussionen, ohne Gesetze und Verordnungen abzuwar­ten oder zu strapazieren, oh­ne laute Prozessankündigun­gen zur Geldbeschaffung und ohne gegenseitige Schuldzu­weisungen. Lasst die auf dem Dorf man machen, dann tut sich auch was.“