02.02.2023 Achimer Kreisblatt: Rehkitze mit Drohne vor Mähtod retten

Jagdgenossenschaften suchen noch Leute, die dabei mithelfen wollen / Infoveranstaltung

Mit Wärmebildkameras ausgestattete Drohnen fliegen über Grünland, um im hohen Gras verstecktes junges Wild ausfindig zu machen. Foto: privat

VON MICHAEL MIX

Achim – Immer wieder geraten im hohen Gras kauernde Rehkitze oder auch Vogelgelege im Frühling unter scharfe Mähmesser und werden brutal zerfetzt. Vielerorts, etwa in Fischerhude und Thedinghausen, gibt es inzwischen aber auch Initiativen, die den Nachwuchs von Wildtieren mit Hilfe von Drohnen, die kurz vor dem Maschineneinsatz über das Grünland fliegen, vor dem grausamen Schicksal bewahren. Nun ruft die Jagdgenossenschaft Achim ebenfalls zur Rehkitzrettung auf und bietet dazu am

Dienstag, 14. Februar, um 19.30 Uhr im „Hirtenhaus”, Marsch-Anna-Weg 1,

eine öffentliche Informationsveranstaltung an.

„Damit sollen Landwirte, Jäger und Leute, die Interesse am Drohnenfliegen haben, angesprochen werden“, sagt Heinrich Schwarmann im Gespräch mit dieser Zeitung. Dem Vorstandsmitglied der Jagdgenossenschaft Achim ist es ein Anliegen, für den Tierschutz notwendige Vorkehrungen vor der Grünlandmahd im Frühjahr zu treffen. „Es soll erreicht werden, den Mähtod von Rehkitzen möglichst zu verhindern.“

Dabei handele es sich ohnehin um kein Kavaliersdelikt. Laut Tierschutzgesetz sei jeder Nutzer von Grünland verpflichtet, vor dem Mähen die Flächen nach frisch geborenen, hilflosen Vierbeinern und Gelegen abzusuchen, informiert Schwarmann. Für diesen Zweck können am Abend vorher auf dem Areal Stäbe mit Tüten oder oder Flatterbändern aufgestellt werden. „Sinn ist, dass die Ricke über Nacht ihr Kitz von der Fläche abzieht“‚ erklärt der frühere Landwirt und Agraringenieur.

Wer diese Vorschrift nicht befolge und ein Jungtier beim Mähen verletzt oder getötet werde, begehe eine Straftat.

„Wenn es zu einem Verfahren kommt, kann es teuer werden“, weiß Schwarmann, der einst auch als bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Landwirtschaftskammer Hannover tätig war. Er kenne Fälle, bei denen Beschuldigte zu Geldstrafen von bis zu 3000 Euro verurteilt worden seien.

In Zeiten von immer größeren landwirtschaftlichen Betrieben und von schlagkräftigem Mähwerk, das Grünland von zehn bis 100 Hektar in wenigen Stunden „rasiere”, könne allerdings kaum noch jemand diese riesigen Flächen ablaufen, ist Schwarmann klar. Aber es gebe ja eine brauchbare Alternative. „Eine Möglichkeit ist, die Flächen mit einer Drohn, ausgestattet mit einer Wärmebildkamera, abzusuchen.

Das Fluggerät müsse jedoch frühmorgens eingesetzt werden. „Von 4 bis etwa 8 Uhr, die Sonne darf noch nicht zu hoch stehen, sonst erkennt die Kamera die Tierkörper nicht richtig“, erläutert der 78-Jährige. Helferinnen und Helfer könnten die entdeckten Kitze dann mit einem großen Wäschekorb abdecken. „Somit werden sie beim Mähen verschont.“

Landwirte sollten nicht nur im Hinblick auf das Tierwohl und den Artenschutz oder wegen drohender Strafe ein Auge auf dem Thema haben, weist Schwarmann noch auf einen anderen Aspekt dabei hin. Denn wenn ein totes Rehkitz in den Silagehaufen gelange, werde dort das sogenannte Leichengift gebildet, durch den Verzehr des Futters könnten Nutztiere erkranken.

Die Drohnen sollen schon in wenigen Monaten in Gebieten mit Rehwild kreisen.

Schwarmann, der sich auch zehn Jahre lang als Landschaftswart in Achim ehrenamtlich engagierte, nennt die Achimer und Bierdener Marsch, den Achimer Bruch oder den Borsteler Fuhrenkamp, wo Rehkitze von März bis Mai gesetzt, wie die Jäger sagen, also geboren werden. Und im Zuge des Klimawandels mit steigenden Temperaturen beginne das Mähen von Gras und die Heuernte mitunter schon Ende April.

Dabei komme immer bessere, aber für die Jungtiere oft tödliche Technik zum Einsatz. „Mähdrescher fressen sich heutzutage mit bis zu 15 Stundenkilometern durch das Grün- oder Weideland. Kitze haben da keine Chance, abzuhauen“, unterstreicht Heinrich Schwarmann.

Der Vorstand der Jagdgenossenschaft Achim habe deshalb in Absprache mit den Führungsriegen der benachbarten Jagdgenossenschaften Bierden, Embsen und Uesen beschlossen, alle Mitglieder und andere Interessierte zu der genannten Veranstaltung einzuladen. „Dort werden Praktiker, die schon Drohnen geflogen haben, über ihre Arbeit informieren, ferner Experten, die über die Erfolge der Rehkitzrettung berichten“, verrät Schwarmann. Anschließend sei eine Diskussion zu dem Thema geplant.