VON HEINRICH LAUE
Quelkhorn/Landkreis – „Wir haben noch längst nicht Verhältnisse wie im Bereich Otersen“, stellt Wolfsberater Wolfgang Mohr aus Quelkhorn fest. Doch gebe es kaum Zweifel: „Der Bursche ist nun auch hier offenbar angekommen“. Sechs oder nach anderen Meldungen möglicherweise acht gerissene Schafe und deren teils komplett abgefressene Kadaver deuten auf Wolfs-Überfälle hin. Ein Schaf musste eingeschläfert werden, ein weiteres vermisst der Besitzer noch.
Das tödliche Drama spielte sich in der Nacht zu Montag auf einer eingezäunten Koppel im Quelkhorner Moor nahe der Ortsgrenze zu Schmalenbeck ab. Betroffen ist laut Mohr die Herde von Schafhalter Böhling aus Rautendorf, der den Wolfsberater und Jäger auch alarmiert hatte.
Weil die toten Schafe weithin im Gelände verstreut lagen, geht dieser davon aus, dass nicht nur ein Wolf aktiv war. Vielmehr könnten die Tiere zum offiziell von der Landwirtschaftskammer (Lwk) bestätigten Tarmstedter Rudel gehören. Nur sechs bis zehn Kilometer seien es von dort – „ein Katzensprung für einen Wolf“, und Landkreisgrenzen kennen die räuberischen Vierbeiner ohnehin nicht. Endgültige Klarheit über die „Täter“ werden aber erst DNA-Untersuchungen durch die zuständigen Fachämter bringen.
Zuständig bei Nutztierrissen ist die fortwirtschaftliche Lwk-Abteilung. Wenn sich die Vermutungen bestätigen, darf der Schafhalter eine „Billigkeitsleistung“ von 40 Euro pro getötetem Schaf vom Land Niedersachsen erwarten, das auch die Schutzzäune zu 100 Prozent bezahlt. Vor der finanziellen Entschädigung muss allerdings abgeklärt sein, dass Zäune vorschriftsmäßig aufgestellt sind, keine Lücken zum Durchschlüpfen bieten und oben nicht eingedrückte Abschnitte aufweisen.
Das macht Mohrs Wolfsberater-Kollege Helmut Meyer deutlich, dessen „Revier“ die Stadt Verden sowie die Gemeinden Langwedel und Kirchlinteln umfasst. Sogenannte „Nahbegegnungen“ mit Wölfen auch tagsüber sind in Otersen nicht selten, und „wir bekommen laufend auch von Jägern Wolfsfotos“, berichtet Meyer. Das „Stemmer Rudel“ aus diesem Ortsteil Kirchlintens mit fünf Welpen und dazugehörigen Alttieren ist identifiziert, Wildtier-Risse und vor allem zwölf Risse in Kükenmoor vor einigen Wochen sorgten für Schlagzeilen. „Auch im Bereich Haberloh ist oft was los“, schließt Helmut Meyer im Gespräch mit dieser Zeitung seinen Lagebericht ab.
Die Fähen, also die weiblichen Wölfe, hätten derzeit „dicke Bäuche“, seien also tragend, erläutert Wolfgang Mohr. Jungtiere würden dann sozusagen mit „auf die Reise geschickt“, da es ernährungsmäßig eng werde. Sie suchten zusammen mit den „Vätern“ nach Beute. Die erwachsenen Tiere müssten auch bald den hungrigen neuen Nachwuchs im Rudel mit Futter versorgen.
Das alles führe zu vermehrten Rissen, wobei nicht nur Schafe, sondern auch Dam- oder Rehwild willkommene Opfer seien. Eher vorsichtig seien Wölfe bei größeren jungen Rindern oder Pferden, da die sich meist wirksam zur Wehr setzen könnten.
„Warum schießt ihr die nicht endlich mal ab?“, hat Wolfgang Mohr schon des öfteren von Bauern in Sachen gefährliche Wölfe zu hören bekommen. Das sei bei den geltenden Regelungen in Niedersachsen aber nicht so einfach, betont er. „Problemwölfe müssten erst als solche durch Überwachungen und am besten durch Filmaufnahmen sozusagen überführt sein.“
Vergleichsweise ruhig geht es im Zuständigkeitsbereich von Wolfsberaterin Sarah Dierks zu, die die Region Thedinghausen und Dörverden im Blick hat. „Wölfe haben wir hier natürlich auch“, teil sie mit. Bisher seien diese aber weitgehend friedlich geblieben. Die letzten bekannt gewordenen Attacken auf Beutetiere liegen nach ihrer Kenntnis schon lange zurück.