Jetzt krabbeln Wildbienen aus ihren Brutstätten und gehen auf Pollensuche. Ein sicheres Quartier zu finden, ist für sie lebenswichtig. Jäger aus dem Landkreis Verden engagieren sich mit Insektenhotels für den Artenschutz. Auch selbstgebaute Nistplätze für Balkon und Garten sind tolle Brutstätten.
Von Catrin Frerichs
Wenn im Frühling die ersten Blumen blühen, werden auch ein paar besondere Tiere wieder wach. Die ersten Hummelköniginnen sind auf der Suche nach dem passenden Mauseloch, in dem sie einen neuen Staat gründen können. Die ersten Honigbienen sind aus der Winterstarre erwacht und suchen Nektar. Ihre Verwandten, die Wildbienen sind Einzelgänger. Nach der Paarung im Frühling machen auch sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Platz für ihren Nachwuchs.
Damit ihre Larven in Sicherheit groß werden können, bauen Wildbienen Kinderzimmer, die Brutplätze, an geschützten Orten. Viele nisten im losen Sandboden. Andere in den Fugen zwischen Bodenplatten der Terrasse. Eine der größten Wildbienen ist die Blauschwarze Holzbiene. Sie nagt Löcher in das harte Holz von abgestorbenen Ästen oder Stämmen von Obstbäumen. Das Leben der possierlichen Tiere lässt sich gut im eigenen Garten, auf dem Balkon oder auf der Terrasse beobachten. Und zwar das ganze Jahr über.
Was es dabei alles zu entdecken gibt, darüber haben Bärbel Oftring und Jana Walczyk ein Kinderbuch verfasst, das im Gerstenberg-Verlag erschienen ist. „Ich bau dir ein Haus, kleine Wildbiene!“ heißt es. Darin: viel Wissenswertes nicht nur über den Lebenszyklus von Wildbienen, sondern auch über das Jahr der Erdhummeln und Honigbienen, die ihrerseits in großen Staaten leben. Bei Honigbienen sind es bis zu 80.000 Arbeiterinnen und eine Königin, ist im Buch zu erfahren.
Bärbel Oftring ist studierte Biologin und heute als Redakteurin und Autorin tätig. Sie hat schon viele Kinderbücher geschrieben, mehrere mit der Illustratorin Jana Walczyk. Die in Bramsche bei Osnabrück geborene Walczyk hat in Münster und Hamburg Design und Illustration studiert.
Für das neueste Werk hat sie wieder viele schöne Zeichnungen beigesteuert. Unter anderem eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie ein Bienenhaus aus Bambusröhrchen selbst gebaut werden kann. Auf aufklappbaren Seiten wird zudem gezeigt, was genau in den Kinderzimmern der Wildbienen das ganze Jahr über passiert. Etwa wie die Larven der Gehörnten Mauerbiene mit der Zeit immer größer werden, sich mehrere Mal häuten und dann verpuppen. In ihrem Kokon ruhen sie nun bis zum nächsten Frühjahr. Dann ist sie ausgewachsen, verlassen sie den Nistplatz und begeben sich auf Nahrungssuche.
Auch Andreas Kühn ist mittlerweile ein Experte in Sachen Insekten und ein echter Bienenfreund. Er gehört der Jägerschaft Ahsen-Oetzen bei Thedinghausen an. Bienen und Jagd? Wie passt das zusammen? „„Wir laufen nicht nur mit der Flinte durch die Gegend. Auch Jägern ist die Artenvielfalt wichtig“, sagt der 47-Jährige und lacht. Fasane etwa brauchen viele Insekten, um ihre Küken zu ernähren und großzuziehen. Gibt es keine Insekten, fehlt die Nahrungsgrundlage, erläutert er.
„Bienen brauchen wir alle“, sagt Kühn. Denn ohne Bienen gäbe es keine Obstbäume. Bienen, wie auch Käfer, Schmetterlinge, Wespen oder Hummeln, tragen Blütenstaub von Blüte zu Blüte und helfen so bei der Bestäubung von Obst und Gemüse. Schon seit etwa fünf Jahren engagiert sich der Jäger für die Artenvielfalt im Landkreis Verden – gemeinsam mit seinem Bruder begann er damit, sich für Artenschutz zu interessieren und stellte erste Insektenhotels auf. Zwei davon stehen in Ahsen-Oetzen, viele weitere im ganzen Landkreis. Mit im Boot sitzt der Verstand der Jägerschaft Verden, Jürgen Luttmann. Er ist dafür zuständig, das nötige Geld dafür einzuwerben.
Mit seiner 19-jährigen Tochter Leonie, die ebenfalls einen Jagdschein besitzt, stemmte Kühn nun das jüngste Projekt: Auf einer Wiese direkt am Fährhaus am Streek haben die beiden kürzlich einen Kirsch-, zwei Apfel- und zwei Birnbäume gepflanzt. Auf einer Länge von 50 Metern setzten sie zudem Weiß- und Schwarzdorn, Schlehen, Flieder- und Vogelbeerbäume in die Erde. „In einigen Jahren werden die Pflanzen als Futter für Niederwild und Insekten dienen“, betont Kühn.
Zudem errichteten sie ein Insektenhotel mit Spechtschutz auf dem Gelände. Es ist eine Art Hochhaus mit verschiedenen Wohneinheiten für verschiedene Tierchen. Jeder Bewohner sucht sich sein passendes Quartier, um dort den Nachwuchs unterzubringen. Die Arbeiten erfolgten in Absprache mit Fährhaus-Inhaberin Corinna Peters und den Badener Bauern, denen die Weide gehört.
Wer selbst einen Nistplatz bauen möchte, findet eine detaillierte Anleitung im Buch „Ich bau dir ein Haus, kleine Wildbiene!“ Dafür benötigt man Bambusröhrchen mit einem Innendurchmesser von drei bis neun Zentimetern. Die sägt man auf eine Länge von 13 bis 20 Zentimetern. Die Öffnungen und auch die Innenseiten der Rohre müssen sauber und sehr glatt sein, damit die Bienen sich nicht verletzen. Also Pfeifenreiniger und feines Schleifpapier bereitlegen. Die hinteren Öffnungen nun mit Wattepfropfen verschließen und mit ein paar Tropfen flüssigem Kerzenwachs zukleben. Die Bambusröhren mit einer Kordel oder Bast zusammenbinden und in eine leere, saubere Konservendose stecken. Das Haus kann schon im Februar bezogen werden, sofern das Wetter mild genug ist. Aber, wer weiß: Vielleicht zieht auch Mitte April noch jemand ein.